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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

THE HALO TREES: "Die Sehnsucht nach einer heilen, sonnendurchfluteten Welt"

Dark Indie Rock mit einer guten Portion Melancholie, aber auch vielen hoffnungsvollen Momenten und weiteren Emotionen - das ist das Markenzeichen von The Halo Trees aus Berlin. Im Herbst haben sie ihre zweite LP Summergloom veröffentlicht. Mit Sänger und Komponist Sascha Blach tauschten wir uns über das Album, den aktuellen Stand der Band und seine Meinung zu Anglizismen aus.

Otti:
Hallo Sascha, lieben Dank, dass Du Dir Zeit für dieses Interview nimmst. Thema desselben ist Dein jüngstes Musikprojekt mit Namen The Halo Trees. Zunächst mal für die Leser, die noch nie von Euch gehört haben: Was ist die musikalische und inhaltliche Vision der Band?

Sascha:
So jung finde ich es gar nicht mehr. Ich arbeite nun schon seit über fünf Jahren gefühlt im Dauertakt an The Halo Trees und wir haben schon eine EP und zwei Alben veröffentlicht (lacht). Aber klar, in der Öffentlichkeit ist die Band noch nicht so bekannt und wir gelten daher wohl zurecht noch als Newcomer. Bei The Halo Trees ist die Vision im weitesten Sinne düsterer Indie Rock, der von meiner tiefen Stimme lebt, sowie einem Zusammenspiel von Drums, die viel auf Toms basieren, Gitarre, Bass, Synths und Geige. Ich würde es als erwachsene, nachdenkliche Musik bezeichnen, bei der ich die Hoffnung habe, dass ich sie bis ins hohe Alter glaubhaft machen kann.

The Halo Trees: Summergloom
"Wenn ich schon beim Arrangieren des Demos das Gefühl habe, ich möchte die Nummer wieder und wieder hören, ist das der richtige Weg."

Otti:
Wie schon angedeutet, bist und warst Du bei mit anderen Formationen aktiv. Wofür braucht es aus Deiner Sicht The Halo Trees?

Sascha:
Die meisten Sachen, die ich mal gemacht habe (Transit Poetry, Despairation, Aethernaeum) existieren ja nicht mehr, laufen ohne mich weiter (Cosma Nova) oder die Zukunft ist ungewiss (Lighthouse In Darkness). Daher ist es derzeit nur Eden Weint Im Grab, wo ich ansonsten noch aktiv bin. Aber ich denke, es ist offensichtlich, dass das eine komplett andere Welt ist. Ich wollte neben Eden Weint Im Grab eine Band starten, die bodenständiger und melancholischer ist und nicht so sehr dieses Theatralische bedient, denn das ist am Ende nur ein kleiner Teil meiner Persönlichkeit. Ich bin musikalisch so vielseitig, dass mir eine Stilistik nicht ausreicht und ich diesen innewohnenden Drang habe, immer wieder neue Genres zu erkunden. Man könnte The Halo Trees auch ganz frei als einen Ersatz für meine früheren Bands Transit Poetry und Despairation verstehen, wo ich auch eher dunkle Rockmusik gemacht habe und mit meiner klaren Stimme gesungen habe. Auch wenn der Sound ein anderer ist. Hm, sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich mein Tätigkeitsfeld während der Lockdown-Zeiten noch um ein akustisches Soloprojekt erweitert habe? (lacht). Ich habe aber noch nichts veröffentlicht - das kommt im Laufe dieses Jahres.

Otti:
Im Herbst ist mit Summergloom Euer zweiter Longplayer erschienen. Im Vergleich zu Antennas To The Sky, welche Stellschrauben habt Ihr gedreht? Und auf welche Entwicklung zwischen den Alben bist Du besonders stolz?

Sascha:
Ich finde, das neue Album klingt reifer und besser produziert. Ich hatte sehr lange an Antennas To The Sky gesessen, um einen passenden Sound zu finden. Bei Summergloom war das einfacher. Wir konnten gewissermaßen darauf aufbauen und den nächsten Schritt gehen. Wir haben außerdem versucht, mehr Anspruch in die Musik zu bringen und sie interessanter zu arrangieren. So gibt es darauf auch ein paar krumme Takte und ungewöhnliche Harmonien.

Otti:
Summergloom hat einen sehr cineastischen Charakter derart, dass die Musik wunderbar als Soundtrack für manchen Film oder manche Serie herhalten könnte. Siehst Du das ähnlich? Und wenn ja, welche Inspirationsquellen haben Dich maßgeblich bei den Arbeiten an den neuen Songs beeinflusst?

Sascha:
Das war nicht die Absicht. Vielleicht kommt dein Eindruck daher, dass die Songs oft sehr dicht und atmosphärisch produziert sind. Aber wir machen ja nicht wirklich sinfonische Musik. Inspirationsquelle ist im Grunde immer, DEN ultimativen Song zu schreiben und tolle Musik zu machen, in der man versinken kann. Kopfhörermusik mit viel Tiefe. Wenn ich schon beim Arrangieren des Demos das Gefühl habe, ich möchte die Nummer wieder und wieder hören, ist das der richtige Weg.

Otti:
Eine der Stärken des Albums ist, dass im Grunde jeder Track Bilder im Kopf erzeugt und eine eigene Geschichte erzählt. Um jetzt nicht alle ins Detail zu zerlegen: Welches Stück liegt Dir besonders am Herzen? Und warum genau jenes?

Sascha:
Danke für die Blumen. Das wiederum war durchaus eine Absicht, dass jeder Song seinen eigenen Charakter hat. Die Frage nach den Lieblingssongs wird immer wieder gerne gestellt und ich kann immer nur dasselbe antworten: Wenn man in jeden Song so viele Dutzende Stunden investiert, ist jedes Stück irgendwann während des Produktionsprozesses mal der persönliche Favorit. Das ist wie bei Kindern - man liebt in der Summe (hoffentlich) keines mehr als das andere, ist aber in verschiedenen Phasen des Lebens mal dem einen oder dem anderen Kind etwas näher. Und das wechselt eben. Ich habe das Album nach der Veröffentlichung noch hin und wieder gehört und mag es immer noch von Anfang bis Ende. Es war ja sogar so, dass wir ein paar Tracks aussortiert haben, damit die Spielzeit noch für eine reguläre Vinyl reicht. Aber auch dieses Nummern werden wir noch veröffentlichen.

Otti:
Um einen meiner Favoriten einzubeziehen: The Admiral ist einer dieser Songs, bei dem man gleich eine Verbindung zur Hauptperson aufbaut. Von welcher Person/welchen Personen ist der Armiral inspiriert? Und was war Deine Intention hinter diesem Song?

Sascha:
Ich möchte ungern die Lyrics auseinander pflücken, aber für mich ist das eine Art Anti-Kriegssong. Ich frage mich, wann die Menschheit endlich diese kindischen Muster hinter sich lässt und reifere Lösungen für ihre Konflikte findet. Der Admiral ist so gesehen ein merkwürdiges Relikt einer - aus meiner Sicht - überholten Zeit.

Otti:
Ganz frisch ist nun ein Video zu Wanderlust erschienen, aufgezeichnet auf Ibiza. Welche besonderen Erinnerungen hast Du von diesem Shoot mitgenommen?

Sascha:
Der Dreh war schön, wie man sich denken kann. Aber Ibiza steht hier nur als Pars Pro Toto für etwas Größeres. Der Ort an sich ist nicht wichtig. Nicht umsonst wirken die Bilder manchmal etwas surreal. Übrigens, wer rein schauen will, hier ist der Clip:

Otti:
Der Song lädt ja nicht zuletzt dazu ein, in die Welt hinaus zu gehen und selbige zu erkunden. Was bedeutet Dir das Reisen? Und von welcher Reise hast Du die eindrücklichsten Erfahrungen mitgenommen?

Sascha:
Wanderlust ist einer der Songs, die eher die Sehnsuchts- oder Meta-Ebene des Albums andeuten. Es geht auf Summergloom um viele düstere Themen wie die Angst vor einer technokratischen Zukunft, das Verhältnis von Mensch und Maschine, Spaltung der Gesellschaft und so weiter. Themen, die in mir die Sehnsucht nach einer heilen, sonnendurchfluteten Welt auslösen. Dafür steht der Titel Summergloom. Somit ist Wanderlust ein Inbegriff dieser fast schon spirituellen Sehnsucht und nicht unbedingt ein klassischer Reisesong. Im allerweitesten Sinn geht es um Freiheit. Eindrücklichste Erfahrungen? Ganz klar die USA. Das ist mein persönliches Sehnsuchtsland (lacht).

Otti:
Wanderlust ist auch eines dieser Worte, die es aus dem Deutschen in die englische Sprache geschafft haben. Das bringt mich zu der Frage: Wie stehst Du zur Debatte um Anglizismen in der deutschen Sprache?

Sascha:
Ach, ich finde es okay, wenn sich Sprachen auf natürliche Weise weiter entwickeln. Solange es wirklich aus der Bevölkerung kommt und uns nicht von oben aufgedrückt wird.

Otti:
Je nach Musikprojekt nutzt Du für die Lyrik bevorzugt mal Deutsch, mal Englisch - auf Summergloom vermengst Du auch mal beide in einem Song. Wo siehst Du die Stärken und die Schwächen der jeweiligen Sprache? Und in welcher von beiden fällt Dir das Texten leichter?

Sascha:
Stärken und Schwächen von Sprachen? Hm, im Englischen lässt sich generell leichter texten und singen, finde ich. Vieles, das im Deutschen cheesy klingt, nimmt man im Englischen leichter hin. Aber bei Eden Weint Im Grab wiederum ist es ja gerade die kantige deutsche Sprache, die die Musik prägt. Und in diesem Modus fällt mir auch das Texten im Deutschen leicht. Dass wir bei Birdsong teils deutsche Fetzen eingestreut haben, basiert auf einem Joke, der mit dem Song Hipsters & Whores auf dem Debütalbum begonnen hat. Ich dachte, das wäre eine interessante Tradition, wenn man das fortan hier und da einstreuen würde. Es lässt die Leute zumindest aufhorchen und führt zu Fragen dazu, wie man hier sieht (lacht).

Otti:
Nach den Aufnahmen zu Summergloom gab es ein paar Änderungen in der Besetzung, bzw. wenn ich das richtig verstehe, gibt es neben Dir vor allem ein Live Line Up. Wie schwierig ist es in Deinen Augen, gerade auch im Angesicht der Pandemie, eine feste Band zu formen? Und ist das im Falle von The Halo Trees überhaupt Deine Intention?

Sascha:
Also, zunächst einmal ist da ja neben mir noch Stefan an den Drums, der auch weiterhin fester Teil der Band ist. Auch wenn ich die Zügel in Sachen Songwriting und Produktion in der Hand halte, war The Halo Trees immer als richtige Band vorgesehen. Alleine wenn ich sehe, was Stefan während der Recordings aus meinen in den Demos programmierten Drums macht, hat das eine ganz andere Qualität. Aber es ist so, dass Geigerin Kathrin die Band während der Aufnahmen aus privaten Gründen verlassen hat und Bassist Serdar aus beruflichen Gründen. Mit beiden sind wir aber immer noch freundschaftlich verbunden. Kathrin hat sogar noch einige Parts für das nächste Album eingespielt. Wir haben danach erstmal eine Weile mit Maik Antrack als Session-Bassist geprobt und er hat ebenfalls ein paar Tracks für das kommende Album eingespielt. So viel kann ich schon mal verraten. Außerdem ist er im Video zu Dark Clouds Over London zu sehen. Aber Maik wurde kein fester Part der Band und in den letzten Wochen haben sich interessante Dinge entwickelt, die wir aber demnächst mal lieber offiziell bekannt geben.

Otti:
A propos "Live" und "Pandemie". Vor welche Herausforderungen stellt Dich und Euch die aktuelle Situation bezüglich der Planung von Konzerten? Und wie gehst Du damit um?

Sascha:
Naja, wir hatten gerade das erste Album veröffentlicht und eine Handvoll Shows gespielt, danach schob Corona allen weiteren Aktivitäten einen Riegel vor und wir konnten lange nicht einmal mehr proben. Für einen Newcomer ist es tödlich, nicht mehr live spielen zu können, denn das ist wichtig, um eine Band aufzubauen. Außerdem ist Serdar u.a. auch deswegen ausgestiegen, weil Corona seine berufliche Situation schwierig gemacht hat, sodass er Zeit brauchte, um sich ein zusätzliches Standbein aufzubauen. Wir haben die Corona-Zeit dann kreativ genutzt und neben der Fertigstellung von Summergloom - wo wir so zumindest noch etwas mehr Zeit fürs Finetuning hatten - ein weiteres Album aufgenommen. Heißt, zumindest dürfte die Wartezeit aufs dritte Album dann relativ kurz ausfallen. Was die Live-Situation angeht: Keine Ahnung. Ich schätze, wir brauchen dann einfach viel Glück, wenn irgendwann mal wieder eine Form von Normalität eintreten sollte. Die Konkurrenz auf dem Live-Markt wird nach der langen Durchstrecke zumindest nicht kleiner.

Otti:
Was sind generell Deine Gedanken zum Umgang von Politik und Gesellschaft mit der Kultur in den letzten zwei Jahren?

Sascha:
Hach, dazu könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Sagen wir es so: Die Welt ist in vielerlei Hinsicht wirklich verkommen und vieles ist noch viel schlimmer, als ich es mir je vorstellen konnte. Der Umgang mit der Kultur ist da nur ein Mosaiksteinchen. Aber belassen wir es dabei, sonst muss ich mich nur aufregen (lacht).

Otti:
Und auch wenn das Leben kein Wunschkonzert ist - was sind die nächsten Ideen und Ziele, die Du mit The Halo Trees gerne umsetzen würdest?

Sascha:
Am liebsten jedes Jahr ein schönes Album machen. Die Kreativität dafür ist da, manchmal fehlt etwas die Zeit, aber wir gleichen das mit unserer Schnelligkeit und Effektivität aus (lacht). Naja, und wenigstens ein paar Shows wären schon mal ein Anfang.
Danke fürs Interview und die interessanten Fragen. Schaut doch mal hier und hört in unser neues Album Summergloom rein. Es gibt nun auch endlich die Vinyl-Auflage im Handel und bei uns auf Bandcamp.

Website:
thehalotrees.com

Art des Interviews: Email
02/27/22 by Otti
THE HALO TREES in unserer Band- und Künstlerdatenbank

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