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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

BROILERS: Wissen, wo die Wurzeln sind

Mit Fleiß, Kontinuität und Kreativität haben sich die Broilers von einer "kleinen" Punkband im Laufe der Jahrzehnte zu einer echten Erfolgsmaschine entwickelt. Auch die neueste Langspielplatte Puro Amor hat wieder die Spitze der Charts erobert. Um so schöner ist es, dass die Band bei all dem Erfolg die Bodenhaftung und die Nähe zu ihren Fans nie verloren hat. Mit Gitarrist Ron Hübner tauschten wir uns über die neue Platte ebenso aus, wie über die Auswirkungen der aktuellen Pandemie und die Reifeprozesse, welche die Band im Laufe der Jahre durchgemacht hat.

Otti:
Euer neues Album Puro Amor ist jetzt, wo ich diese Fragen erarbeite, gut eine Woche auf dem Markt. Mit welchen Gefühlen blickst Du nun auf das Release-Wochenende zurück?

Ron:
Endlich können wir unser Baby der Welt präsentieren und das fühlt sich vedammt gut an. Es war ein tolles Wochenende und die folgende Woche natürlich auch. Sie fing an mit der großartigen Küchenparty bei Chris am Releaseday von Puro Amor, gefolgt vom Einstieg auf Platz eins der deutschen Charts und endete mit unserem Streaming Konzert am Samstag, den Sonntag haben wir zum ausruhen und realisieren genutzt.

Broilers
"Wenn wir zurückblicken, sind wir dankbar für jede Minute und wollen auch keine davon missen." (pic by Robert Eikelpoth)

Otti:
Ihr seid mit Puro Amor aus dem Stand auf die 1 gechartet. Als die Broilers sich in den 90ern gegründet haben, und auch zur Jahrtausendwende, als Du dazugestoßen bist, war an solche Platzierungen wohl kaum zu denken. Wie fühlt es sich an, als Punkrocker zugleich Chartmusiker zu sein? Und nutzt es sich ab, wenn man - wie ihr - wiederholt die Top-Plätze erreicht?

Ron:
Haha, zunächst muss ich sagen, hätte mir das jemand zu Anfangszeiten prophezeit, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber es fühlt sich richtig gut an. Denn gerade in Zeiten, wo der Musikmarkt von Downloadportalen und Streamingdiensten dominiert wird, zeigt es mir, dass die Leute trotz der Angebotsvielfalt unsere Platten weiterhin auch physisch kaufen und uns somit bestmöglich unterstützen. Danke dafür.

Otti:
Der ganz große Erfolg hat sich bei Euch auch erst nach vielen Jahren eingestellt und darf somit als hart erarbeitet angesehen werden. Wo siehst Du bei einer Biografie wie Eurer die Vor- und Nachteile gegenüber Künstlern und Bands, die mit ihren ersten Veröffentlichungen gleich die Chartspitzen stürmen?

Ron:
Ich denke, es war gut, dass wir alle Stadien einer Bandentwicklung durchlaufen haben. Das fehlt den meisten Chartstürmern, diese können auch häufig darauffolgend nicht an ihren Erfolg anschließen, dann werden sie von ihren einstigen Unterstützern fallen gelassen und werden von anderen kurzzeitigen Künstlern abgelöst. Wir haben in den ganz kleinen Clubs angefangen und auf Billiardtischen und in muffigen Backstageräumen gepennt, aber das ist natürlich nicht unser Erfolgsgeheimnis. Es war einfach eine stete Entwicklung in allen Bereichen und von allen Seiten. Wenn wir zurückblicken, sind wir dankbar für jede Minute und wollen auch keine davon missen.

Otti:
Das Thema greift ja auch der erste Song von Puro Amor auf, denn darin heißt es "Wir bleiben die, die wir waren, dass man daran überhaupt zweifeln kann...". Wie schwierig ist es, in all den Jahren und mit wachsendem Erfolg, größeren Bühnen und entsprechend auch umfangreicherer Aufmerksamkeit am Boden und "man selbst" zu bleiben?

Ron:
Eben durch diese stete Entwicklung, dem Wissen wo unsere Wurzeln sind und vor allem, wem wir das alles zu verdanken haben.

Otti:
Inhaltlich, spieltechnisch und/oder musikalisch: Welche beiden Songs von Puro Amor machen Dir am meisten Spaß? Und mit welcher Begründung?

Ron:
Das ist echt schwierig, da ich zu jedem Lied was sagen könnte. Ich nehme hier einfach mal den Opener Nicht alles endet irgendwann, das Lied beginnt mit einem Knall, eine Bläserwand, die einen fast erschlägt. Diese Energie zieht sich durchs ganze Lied. Dann noch Niemand wird zurückgelassen, das Lied ist so voller Kraft, es macht einfach nur Spaß und ich freue mich auf den Zeitpunkt, die Lieder vor Publikum zu spielen. Vor allem freue ich mich auf die Mitsing-, gar Mitgröhl-Parts auf dem Album.

Otti:
Gerade bei deutschsprachigen Bands aus dem Punksektor kann man Reifeprozesse gut beobachten, vielleicht auch, weil ich da besonders gerne hinschaue. Einen Song wie Kelly Fammelly z.B könnte man sich auf Puro Amor nicht vorstellen, oder wie siehst Du das?

Ron:
Das stimmt und hier greift wieder die stete Entwicklung der Band. Wir haben uns über die Zeit freigeschwommen was die Genres angeht und probieren uns gerne aus. Die Liedtexte sind natürlich ausgereifter, vielleicht erwachsener und nicht mehr so pubertär. Um die alten Lieder zu hören, kann man gerne eine alte Platte von uns auflegen, oder zu den Konzerten kommen, da spielen wir immer ein goldenes Potpourri quer durch unsere Alben.

Otti:
Die "Broilers 2021" bieten aber auf jeden Fall solche Geniestreiche wie Alice und Sarah. Als einen von mehren meiner Lieblingsstücke auf dem Album - magst Du mir da die Entstehung von der ersten Idee bis zum fertigen Song umreißen?

Ron:
Danke, ich gebe es weiter. Die Texte schreibt alle Sammy und ich denke er hat einfach ein wenig rumgesponnen mit dem Gedanken, dass eine deutsche Politikerin, mit Führungsposition in einer populistischen Partei, eine Beziehung zu einer anderen Frau hat und mit eben dieser in der Schweiz lebt. Dieser Frau wird im Text nahegelegt, ihrer politisch aktiven Frau die Naziflausen aus dem Kopf zu schlagen und sie nach Hause, auf den wohlbehüteten Schoß, zu holen. Völlig absurd und Parallelen sind natürlich völlig zufällig. Zwinker, zwinker.

Otti:
"Reife" spürt man besonders schmerzlich auch immer in jenen Songs, die Verluste von Freunden und Wegbegleitern thematisieren. An allen anderen Tagen nicht (Lebe, Du stirbst) greift dieses Thema auch auf. Wie sehr hilft Musik Dir dabei, Trauer und Schmerz zu bewältigen?

Ron:
Das ist das Wunderbare, denn Musik kann einfach alles. Musik löst bestimmte Stimmungen aus, hilft mir aber vor allem viele Situationen erträglicher zu machen, seien es nun Trauer, Wut, Schmerz, aber auch Glücksgefühle. Für jede Stimmung gibt es mindestens ein Stück Musik, welches passt und das man immer auflegen kann.

Otti:
Ganz allgemein gefragt: Ihr musstet Euch, wie nahezu alle Menschen dieser Welt, das letzte Jahr mit den Auswirkungen der Corona-Krise auseinandersetzen. Wie seid Ihr als Band, aber auch mit Eurem Umfeld wie Management etc, damit umgegangen?

Ron:
Das hat alle Branchen völlig unerwartet getroffen. Wir, so wie viele andere auch, mussten unsere kompletten Pläne für 2020 über Bord werfen und neu planen. Die Pandemie hat alle Bereiche hart und vor allem unvorbereitet getroffen. Wir waren beispielsweise mitten in den Aufnahmen zum Album und plötzlich ging gar nichts mehr. Das Album sollte zu den Open Airs im Sommer 2020 fertig gestellt werden, durch die Pandemie wurde das alles hintenangestellt. Niemand wusste, bzw weiß, wie und wann es wieder los geht.

Otti:
Welche Auswirkungen hatten die Maßnahmen und Einschränkungen auf die Arbeit und Produktion bezüglich Puro Amor?

Ron:
Die Aufnahmen wurden erst mal komplett gestoppt. Wir waren, wie so viele, komplett erschlagen und zu dem Schock kam dann die Ungewissheit. Nach einer Zeit völliger Leere hat Sammy wieder angefangen, weiter an den Liedern fürs Album zu schreiben. Wir haben dann mit Tests, selbstauferlegter Quarantäne, genügend Abstand, Masken und in Kleingruppenarbeit das Album fertiggestellt. Das war teilweise recht schwierig und ging soweit, dass Sammy sogar ein paar Änderungen von zuhause aus eingespielt hat. Wir haben zudem viel Zeit in Videochats mit unserem Produzenten Vincent Sorg verbracht, um das Baby fertigzustellen.

Otti:
Besonders hart war mit Sicherheit, dass Ihr Eure Broilers Open Airs verschieben musstet. Wie hast Du persönlich diese Absagen erlebt? Und da viele Menschen sich das kaum vorstellen können - was hängt alles daran, wenn am Ende die Meldung kommt "Die Konzerte mussten verlegt werden"?

Ron:
Ja klar, das hat alles durcheinander gewirbelt. Die komplette Planung für ein ganzes Jahr musste gestoppt und verschoben werden. Die Locations mussten für die neuen Termine angefragt, das Routing neu berechnet werden. Der kompletten Crew musste abgesagt werden, was ziemlich schmerzt, da viele durch ihre Arbeit mit der Musik ihren Alltag bestreiten. Wir hatten gegenüber anderen Musikern einen Vorteil, denn wir waren noch nicht auf Tour, das hätte sonst einen noch erheblich höheren und vor allem logistischen Aufwand bedeutet. Natürlich wollen und werden wir die Open Airs spielen, also wurden diese verlegt. Aber niemand konnte, bzw kann sagen, wie lange die Pandemie noch anhält und wann es endlich wieder zu 100% los geht, so wie wir uns ein Konzert vorstellen und wünschen. Wir warten, scharren mit den Hufen und werden, sobald es wieder losgeht, sowas von am Start sein.

Otti:
Einer der wenigen Vorteile dieser ganzen Misere war vielleicht, dass viele Menschen gelernt haben, sich anders zu beschäftigen, als es ihr Alltag zuvor hergegeben hat. Ging es Dir auch so? Welche alten Interessen hast Du wieder ausgegraben, oder wo hast Du Dich endlich mit etwas befasst, für das Du zuvor nie Zeit gefunden hast?

Ron:
Man hat sich natürlich mehr Zeit für die Familie genommen und konnte lange aufgeschobene Arbeiten in der Wohnung oder dem Keller verrichten. Aber die Hobbies sind ja die gleichen geblieben und somit hat sich nicht viel verschoben. Man musste allerdings andere Wege finden, mit Freunden in Kontakt zu treten. Ich spiele zum Beispiel gerne das Sammelkartenspiel Magic: the Gathering, das können wir jetzt nicht mehr gemeinsam am Tisch spielen, sondern nur noch per Videokonferenz. Ich gehe zudem gerne Schwimmen oder spiele Fußball, das konnte ich bisher komplett vergessen in der Pandemie und vermisse es auch sehr, so wie die Stadionbesuche bei der Fortuna. Gitarre kann ich ein Glück zuhause, sowie im Proberaum spielen und Musik hören sowieso. Der Konsum vom Serien, Filmen oder Videospielen hat sich bei mir tatsächlich gar nicht so sehr verändert.

Otti:
Was sind ganz allgemein, neben der Musik, für Dich die wichtigsten Eckpfeiler für ein erfülltes und glückliches Leben?

Ron:
Glücklichsein, Gesundheit, Gelassenheit. Nicht alles ist immer gegeben und teils schwierig einzuhalten, aber vor allem die Musik hilft mir dann dabei.

Otti:
Nochmal zum Thema Konzerte: Wie ist denn der Stand der Dinge bezüglich der Open Airs und anderer Auftritte? Wie weit kann man da überhaupt derzeit vorsichtig Pläne schmieden?

Ron:
Wenn uns die Pandemie eins gelehrt hat, dann dass im Augenblick nichts so recht planbar ist. Natürlich halten wir bis zu letzt an unseren Plänen fest und hoffen die Open Airs dieses Jahr spielen zu können. Die Festivals wurden ja schon nach und nach abgesagt. Wir werden sehen und gegebenenfalls wieder umplanen und umdenken müssen.

Otti:
Werden wir zum Ende dieses Interviews kurz philosophisch: Wenn Du einen konkret benannten Missstand auf dieser Welt von einem Moment auf den anderen ausmerzen könntest, welcher wäre das?

Ron:
Es gibt leider zu viele Missstände auf der Welt. Wenn ich einen benennen muss, dann wähle ich die soziale Ungleichheit. Aktuell natürlich allem voraus mit dem Zugang zu Impfstoffen und intensivmedizinischer Versorgung. Dazu sollten wir wieder näher zusammenrücken und mehr Miteinander anstatt nur für sich leben. Das beginnt bei jedem einzelnen von uns und geht weiter über Städte, Länder und Kontinente.

Otti:
Und wenn Du Dir im Anschluss an dieses Interview einen beliebigen, kulinarischen Wunsch erfüllen könntest - worauf würde Deine Wahl fallen?

Ron:
Ich muss mir bald mal wieder Sommerrollen mit Sojasauce machen, aber wahrscheinlich feuere ich gleich den Grill an und esse Grillkartoffel mit vielen leckeren Gemüsespießen und genieße dazu ein kühles Altbier.

Website:
www.broilers.de

Art des Interviews: Email
05/10/21 by Otti
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