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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

WELLE: ERDBALL: Den Egoismus abschalten!

Mit ihrer aktuellen Sendung Engelstrompeten & Teufelsposaunen haben die Damen von Herren von Welle: Erdballfür sie ungewohnte Klangwelten eröffnet, ohne dabei ihr eigenes Grundprinzip über Bord zu werfen. Aus diesem Anlass haben wir den Sender einmal mehr mit Fragen überhäuft, welche uns Sänger Honey und seine Kollegin M.A. Peel: ausführlich und spannend beantwortet haben!

Otti:
Mit Engelstrompeten & Teufelsposaunen hat Welle: Erdball eine ganz neue Sendung kreiert, bei der (zumeist) altbekannte Stücke im orchestralen Gewand daher kommen. Dazu zunächst mal die banale und doch wichtige Frage: Wie ist die Idee dazu entstanden?

Honey:
Die Idee gab es wohl schon mit dem ersten Atemzug von Welle: Erdball, denn Radio und klassische Musik sind auch seit der Geburt dieses Mediums schon eng miteinander verbunden. So ist das Erste, was der Mensch je durch das Radio in den Äther sandte, das Largo von Händel.
Lieder war eine Sendung, wie nun die Engelstrompeten & Teufelsposaunen, für uns bislang unerreichbar, doch in der Vorbereitung zum Gothic meets Klassik-Festival, was ja nun leider nicht stattfand, wurde die Sache greifbar und durch den Kontakt zu Conrand Oleak, seinerseits mitverantwortlich für die musikalischen Umsetzungen dieses Festivals, auch endlich durchführbar.

Welle: Erdball
"Den Klimawandel können wir nicht leugnen und jeder sollte seinen Teil zu einer besseren Welt beitragen."

Otti:
Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr zwischen Idee und finaler Aufnahme bewältigen musstet?

Honey:
Natürlich musste die ganze Idee erst einmal finanziell und technisch umsetzbar gemacht werden. Das brachte einige Hürden mit sich. Aber als diese gemeistert waren, war tatsächlich eine der größten Herausforderungen meines Erachtens die Auswahl der Stücke. Engelstrompeten & Teufelsposaunen sollte nicht einfach nur ein "Best Of" der "Hits" in klassischer Umsetzung werden, sondern eine vollwertige und eigenständige Sendung. Auf der anderen Seite war es nicht leicht, die drei Stimmen des Commodore64, aus denen ja manche, komplette Stücke von Welle: Erdball bestehen, nun mit den Optionen umzusetzen, die z.B. ein vierzigköpfiges Orchester hat.

Otti:
Nach welchen Kriterien habt Ihr die Stücke ausgewählt, die für Engelstrompeten & Teufelsposaunen orchestriert wurden?

Honey:
Wir wollten, wie gesagt, KEIN "Best Of" in den Äther senden, aber doch einen guten Querschnitt der musikalischen Geschichte des Senders zeigen. Darüber hinaus haben wir sogar neue Stücke mit einfließen lassen, Lieder, die der Hörer logischerweise nun zu erst in der klassischen Version hören wird.
Nach unserer "Vorgehensweise" wurde aber auch erst nach dem letzten Produktionsschritt, sprich den Gesangsaufnahmen, klar, ob ein Lied überhaupt in klassischem Gewand funktionieren würde, und es gab auch keine Möglichkeiten, im Nachinein ein anderes Lied zu wählen oder mit dem aktuellen noch einmal von Vorne zu beginnen. Zum Glück haben wir instinktiv immer "weise" gewählt... und es hat funktioniert!

Otti:
Welches Lied der neuen Sendung war in seiner Umsetzung das kniffligste? Und weshalb?

M.A. Peel:
Ich glaube, das war Funkbereit. Das war auch das erste Stück, welches von Honey eingesungen wurde. Dass dieses Lied, welches Honey vor über 20 Jahren geschrieben hatte, in klassischem Gewand so viele Emotionen hervorrufen würde, damit haben wir nicht gerechnet. So mussten wir diese Aufnahme mehrmals unterbrechen, weil Honeys Stimme immer wieder wegbrach und ich, durch die Tränen in den Augen, den Aufnahmeknopf nicht mehr erkennen konnte. Aber genau diese Emotionen wird der Hörer auch empfinden können und haben dieses Lied zu etwas epochalem gemacht. Im Augenblick und für die Ewigkeit ist Welle: Erdball funkbereit!

Otti:
Wenn ich nun gerade Mumien im Autokino lausche, dann hat der Song, der ja in seiner ursprünglichen Version 2019 erschienen ist, in diesem Jahr einen gewissen, prophetischen Twist bekommen. Findet Ihr das selbst auch etwas beängstigend?

M.A. Peel:
Ganz und gar nicht! Welle: Erdball hatte schon seit je her sehr viel für ihre Sendungen recherchiert und Aussagen getroffen, die sich dann bewahrheitet haben. Angefangen bei dem 2003 erschienenen Mensch aus Glas, welches den Tod der Privatsphäre voraussagte. Damals noch eine Horrorvision des gläsernen Menschen, dessen Schritte überwacht werden, über den man alles weiß: Was er isst, was er kauft, welche Musik er hört, welche politische Gesinnung er hat, wann er sich wo bewegt und der jegliche Kontrolle über seine eigenen Daten verloren hat. Was damals als Warnung zu verstehen war, ist erschreckenderweise zur Realität geworden und es wird vom Großteil der Menschheit hingenommen, nicht in Frage gestellt und, sogar noch schlimmer, unterstützt. Eine freiwillige Totalüberwachung. Wir befüllen freiwillig Datenbanken mit Informationen über uns, die für teures Geld verkauft werden, von dem wir aber niemals keinen Cent sehen werden. Jeder Schritt wird überwacht und wir rechtfertigen das als Erleichterung des Lebens, wenn wir den Spion, der in Form eines Smart-TVs oder Smart-Speakers im heimischen Wohnzimmer steht, permanent mithören und sehen lassen. Sehr smart!
Weitere wahrgewordene Prophezeiungen sind u.a. bei Ich hab in eine Zukunft gesehen, Wir spielen Gott oder 1000 Engel zu finden. Dazu kann ich nur sagen "BEWEG DEIN GEHIRN - JETZT!".

Otti:
An welcher Stelle Eures Schaffens hat Euch die Corona-Pandemie denn erwischt, und wie seid Ihr als Band damit umgegangen?

M.A. Peel:
Nachdem wir Ende 2019 die "Mumien, Monstren, Mutationen"-Tournee mit dem Abschluss als Support für OMD erfolgreich absolviert haben, waren wir voller Motivation und Energie, um in das Jahr 2020 zu starten. Es wurde eine Tournee für den Herbst geplant, mehrere Festival-Konzerte und die Produktion einer neuen Sendung auf die Agenda genommen. Diese Pandemie hat den Sender vollkommen lahmgelegt. Ein absoluter Albtraum für jeden Künstler. Termine wurden verschoben und abgesagt, und zusätzlich war es für uns zunächst einmal unmöglich, gemeinsam zu agieren. Aber es war schon immer ein Welle: Erdball Credo, jede Schwierigkeit als Herausforderung zu nehmen, um etwas noch Besseres zu erschaffen! Und ich glaube, das ist und mit dieser Sendung auch gelungen.

Otti:
Als Musiker und Künstler lebt ihr - wie so viele andere - von und für die Bühne. Bei Honey weiß ich zudem, dass die Arbeit als DJ nicht unerheblich für den Lebensunterhalt ist. Wie sehr haben Euch die Veranstaltungsverbote getroffen?

M.A. Peel:
Wie bereits erwähnt, mussten wir eine komplette Tournee verschieben und konnten keines unserer Festival-Konzerte wahrnehmen. Das bedeutet auch, dass 2020 das erste Jahr in der 27-jahrigen Welle: Erdball Geschichte ist, in dem kein einziges Konzert gespielt wurde! Was das finanziell für den Sender bedeutet, muss ich wohl nicht erörtern.
Veranstaltungen sind auch eine Form des Eskapismus (und ich werte den Eskapismus als etwas Positives). Wohin flüchtete man von der Realität, wenn man sich nicht auf einer vernebelten Tanzfläche in kaltem Scheinwerferlicht wegträumen kann, oder die ganze Welt um einen vergisst, wenn man sich bei einem Konzert einfach von der Musik wegtreiben lässt?

Otti:
Und welche Hoffnung macht Ihr Euch auf eine baldige Besserung?

M.A. Peel:
Natürlich hoffen wir, dass eine baldige Besserung eintritt und haben nun auch schon für 2021 einiges im Petto. So haben wir die Sendung Film, Funk & Fernsehen mit dazugehöriger Tournee im Herbst 2021 geplant, sowie ein Konzert auf der MS Rheinenergie im Rahmen des Amphi Festivals. Ebenso steht die Fertigstellung des zweiten Teils unseres Welle: Erdball-Hörspiels auf dem Plan. Man darf also gespannt sein.

Otti:
Ich erinnere mich an ein Gespräch vor einigen Jahren, bei Dem Du (Honey) mir nicht nur die Themen "Wasserstoff als Energiequelle" und "Brennstoffzelle" näher gebracht hast, sondern auch erklärtest, wie lange und warum diese zurück gehalten wurden. Magst Du das hier nochmal zusammenfassen? Und wie denkst Du jetzt darüber, dass genau diese Technologien nun als "neues Allheilmittel" gehandelt werden?

Honey:
Es ist leider Gottes immer der gleiche Scheiß! Dinge, mit denen die Wirtschaft kein Geld aus dem Käufer-Sklaven saugen kann, verschwinden für immer im Tresorfach und der Konsument wird mit den Alternativen gar nicht erst konfrontiert und hat schlichtweg keine Ahnung.
Woraus besteht denn Wasserstoff zu einem großen Teil? Ja, genau... aus WASSER!
Warum sollte man Wasserstoff in das Auto tanken, wenn es auch mit normalem Wasser fahren würde? Dieses Prinzip ist fast so alt, wie der stinkende, Umwelt verpestende Benzin-Motor. Doch leider kann man Wasser nicht für 1,80 Euro pro Liter verkaufen... NOCH NICHT!

Otti:
Welle: Erdball stehen seit jeher für starkes Engagement im Bereich Tier- und Umweltschutz. Mit welchen Emotionen betrachtet Ihr die jüngere Wahrnehmung diser Themen, auf der einen Seite insbesondere was die "Fridays For Future"-Bewegung angeht, aber auch die Reaktion seitens Politik und Gesellschaft auf selbige?

M.A. Peel:
Welle: Erdball ist keine politische Band und hat sich auch nie zu politische Themen geäußert und deswegen ist es schwierig, zu der Reaktionen seitens der Politik Stellung zu nehmen. Tier- und Umweltschutz ist für den Sender allerdings ein wichtiges Thema! Den Klimawandel können wir nicht leugnen und jeder sollte seinen Teil zu einer besseren Welt beitragen. So ist zum Beispiel die CD-Version von Engelstrompeten & Teufelsposaunen in einem Profil-Pack erschienenen. Dieses Produkt ist komplett frei von Plastik. Dadurch erscheint die Verpackung zwar nicht so brillant wie ein Jewel-Case, aber wir haben unseren Teil zum Umweltschutz schon mal in dieser Form beitragen können.

Otti:
Im Zuge der weltweiten "Lockdowns" und der allgemein reduzierten Mobilität, z.B. was Flüge oder Kreuzfahrten angeht, sagt mancher, dass Corona zumindest der Umwelt gut getan habe. Wie denkt Ihr darüber?

M.A. Peel:
Es ist ja ein Fakt, dass im Frühjahr die Mobilität in Deutschland zeitweise um über 30% gegenüber der Vorjahreswerte zurückgegangen ist. Leider ist dies ein temporärer und kein nachhaltiger Effekt und nicht wirklich ein Argument, dass diese Pandemie der Umwelt etwas Gutes getan habe. Wenn aus dieser Krise nun allerdings eine Chance für eine Verkehrswende, erneuerbare Energien und den Ausbau einer digitalen Infrastruktur entsteht, könnte man von positiven Auswirkungen sprechen.

Otti:
Was sind allgemein in Euren Augen die Vor- und Nachteile der Lockdown-Politik in Bezug auf die Pandemie?

M.A. Peel:
Da wären wir wieder bei den politischen Fragen ;-).
Da ich weder ein Virologe bin, noch ein politisches Amt innehabe, heißt es für mich zu solchen Themen einfach mal die Schnauze halten. Alles was ich dazu sagen könnte, wäre vermessen und reine Spekulation ohne fundiertes Wissen.
Ich sage dazu nur soviel: Es gibt viele Vor- und auch viele Nachteile. Das ist korrekt. Es gibt allerdings auch keine Erfahrungswerte, oder eine Gebrauchsanweisung, wie man mit einer Pandemie umzugehen hat. Was ist richtig und was ist falsch? In solchen Zeiten beneide ich niemanden, der eine Nation zu führen und durch diese Krise zu leiten hat.

Otti:
Zurück zur neuen Sendung: Die physischen Tonträger (Vinyl und CD) kommen als Doppelalben und mit umfangreichem Material Bonusmaterial daher. Welche Bedeutung haben solche Details Eurer Ansicht nach noch im digitalen Zeitalter?

M.A. Peel:
Eine absolut wichtige Bedeutung. So gibt es bei jeder Sendung viele Dinge zu entdecken. Beispielsweise versteckte Botschaften und Stücke, Aufkleber, signierte Postkarten, Rätsel und ein Artwork, in dem wirklich viel Liebe steckt. Und der Welle: Erdball-Hörer weiß das auch zu würdigen.
Des Weiteren wird man niemals in digitaler Form in den Genuss des uneingeschränkten dynamischen Hörerlebnisses kommen, welches man in unkomprimierter Form auf einem Vinyl-Tonträger zu hören bekommt.

Otti:
Zum Schluss möchte ich noch eine Zeile aus dem Lied 1000 Engel aufgreifen: Was gibt Euch zuversicht, dass unsere Generation, trotz aller Widrigkeiten, eine gute Welt weitervererben?

M.A. Peel:
Bei dieser Textzeile geht es nicht um Zuversicht. Sie ist viel mehr eine Aufforderung, dass wir verdammt nochmal zusammenhalten und eine Einheit werden müssen, denn das Ziel, eine neue, bessere Welt unseren Nachkommen zu vererben, können wir nur gemeinsam wahr machen! Jeder muss ein Stück aus seiner Komfortzone raus und näher zusammenrücken, um eine bessere Welt zu hinterlassen und diesen beschissenen "jeder ist sich selbst der nächste"- Egoismus unverzüglich abschalten!

Honey:
In diesem Sinne bedanken wir uns für das Interview, senden beste Grüße an Sie und Ihre Leser und enden mit einem Zitan von Alex / Uhrwerk Orange:
"Kommt doch und hört mal meinen Sound! Hört Engelstrompeten und Teufelsposaunen. Ihr seid eingeladen!"

Website:
www.welle-erdball.info

Art des Interviews: Email
11/29/20 by Otti
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