Gaby Köster ist eine der Frauen, welche die deutsche Comedy-Szene entscheidend geprägt haben. Egal ob als Stammgast bei der TV-Show 7 Tage, 7 Köpfe, Hauptdarstellerin in der Kult-Sitcom Ritas Welt oder Standup-Comedienne - wie es so schön neudeutsch heißt - Frau Köster wusste stets zu begeistern, aber auch zu polarisieren. Anfang 2008 jedoch änderte sich (fast) alles: Ein schwerer Schlaganfall riss sie aus ihrem wilden, aktiven Lebensstil. In Ein Schnupfen hätte auch gereicht schildert sie zusammen mit Co-Autor und FreundTill Hoheneder, wie es dazu kam und was die Zeit danach für Herausforderungen mit sich gebracht hat.
Eines war Gaby Köster nie: Leise! Mit Kölscher Schnodderschnauze und umwerfender Energie hat sie stets auf sich aufmerksam gemacht und zahlreiche Menschen zum Lachen gebracht. Manchem mag sie gar zu schrill gewesen sein, schließlich hat jeder Künstler ebenso seine Verehrer, wie seine Kritiker. Unbestritten jedoch gehörte Gaby bereits in den 90ern zu denjenigen Frauen, die in der damals noch mehr von Männern dominierten, deutschen Comedy-Kultur mit Frauenpower durchschlagenden Erfolg hatten.
Ein Teil dieses Erfolgs mag an ihrem, im Jahre 2008 erlittenenen, Schlaganfall eine gewisse Mitschuld tragen - im Nachhinein kann man diesbezüglich höchstens mutmaßen. Fakt ist, dass sie nur knapp dem Tod entrinnen konnte, mit einer halbseitigen Lähmung zu kämpfen hat und seelische wie körperliche Torturen durchleiden musste. Gemeinsam mit ihrem Seelenfreund Till Hoheneder (u.a. bekannt vom mittlerweile inaktiven Comedy-Duo Till & Obel) hat sie seinerzeit ihre Erinnerungen aufgeschrieben - sowohl diejenigen aus der Zeit vor dem Schlaganfall, als auch die schwierige Zeit danach, mitsamt allen Herausforderungen der Reha-Zeit und des Alltags. Till hat dabei nicht nur die gelähmte Hand ersetzt (es tippt sich eher schwierig mit nur einer vollkommen funktionierenden Pranke), sondern Gaby auch bei der Reflektion geholfen und ihr so manches Mal den Spiegel vorgehalten.
So können wir Gaby Köster in Ein Schnupfen hätte auch gereicht - Meine zweite Chance durch diese Phase begleiten, wobei es Herrn Hoheneder ausgesprochen gut gelingt, Gabys Sprachstil auf Papier zu bannen und so das Gefühl zu vermitteln, man höre der Lady direkt zu. Das Buch hat viele humorvolle Aspekte, zeigt aber an den entsprechenden Stellen auch deutlich, mit welchen Dämonen die Künstlerin nach ihrem Anfall zu kämpfen hatte. Sie erzählt von treuen wie auch von verlorenen Wegbegleitern. Wir erfahren von ihrem Sohn, ihren Hunden, ihrer Mum, aber auch von den Problemen, mit denen nicht nur Gaby selbst zu kämpfen hat, sondern denen sich eben auch all diese Menschen im Angesicht der neuen Situation stellen müssen.
Nun mag sich der eine oder andere fragen, warum ich hier eine Rezension zu einem Buch schreibe, welches fast eine Dekade auf dem Buckel hat. Ganz einfach: Weil es lesenswert ist! Gaby und Till ist hier ein literarisches Werk gelungen, welches auf dem schmalen Grat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit wandelt. Es unterhält und schärft dabei den Blick nicht nur auf die tückische Krankheit namens Schlaganfall als solche, sondern auch auf die Probleme, die mit einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit einher gehen und über die man sich als "gesunder" Mensch viel zu wenig im Klaren ist. Eine ganz klare Leseempfehlung!
Veröffentlicht: 21. November 2012 (HC-Ausgabe ist 2011 erschienen)
Genre: Biografie/Comedy/Gesundheit
Verlag: Fischer Verlage
Umfang: 256 Seiten
Preis: 11,00 Euro (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-596-18684-6
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