Der "Casa de Campo" ist der größte, öffentliche Park in Madrid. Nacht für Nacht zieht Nuria hier ihre Runden, um nach den zahlreichen Prostituierten zu sehen, die an diesem Ort ihre Körper anbieten. Nuria ist Kampfsportlerin und sorgt dafür, dass die Freier sich den Mädchen gegenüber benehmen. Aber sie sucht noch mehr. Ihre Schwester Isa hat vor einigen Jahren der Familie den Rücken gekehrt und ist verschwunden - ein Ereignis, welches Nurias junges Leben nachhaltig geprägt hat.
"Königspark" ist der Name, den Protagonistin Nuria dem Casa de Campo selbst in Gedanken gibt. Sie hat sich in die Dienste des Zuhälters Rico Vargas manövriert, um sich um dessen "Mitarbeiterinnen" zu kümmern, die im Park anschaffen gehen. Neben den eher groben, männlichen "Hütern" in Vargas Diensten ist sie eine Art Gegenpol, kümmert sich um die Belange der Mädchen, beschützt sie vor übergriffigen Freiern und sorgt so für mehr Ruhe im Park.
Der Roman Königspark erzählt die Geschichte von Nuria und ihrer Familie, aber auch die von Rico Vargas, von einigen Prostituierten und verschiedenen Mitarbeitern der Madrider Zeitung "Claro!", bei der unter anderem Mateo Wassmann Castellar vor kurzem angefangen hat. Es entspinnt eine Geschichte, die sich vordergründig um Zwangsprostitution, zudem noch um die Liebe als solche, Schmerz, die Nacht und das Leben dreht.
Autor Paul Ingendaay versteht es vortrefflich, die Biografien seiner Buchcharaktere zu entwickeln, mit Leben zu füllen und miteinander zu verweben. Im Mittelpunkt der Erzählung steht vor allem Nuria Valdere, was man nicht zuletzt daran erkennt, dass ihre Handlungsstränge als einzige im Präsenz erzählt werden. Um ihren kleinen Kosmos herum gibt Ingendaay allerdings auch allen anderen Figuren genügend Raum, sich zu entfalten. Neben der Prostitution als Kernthema, sind es insbesondere die Beziehungen und Begegnungen der Charaktere zu- und miteinander, welche letztlich eine zusammenhängende Geschichte ergeben. Spannungsbögen hält der Autor indessen sehr flach. Und obwohl es um ein moralisch sehr aufgeladenes Gebiet geht, hebt er nicht den Zeigefinger, sondern zeigt Perspektiven auf, um letztlich so die Schattenseiten der Zwangsprostitution auf den Leser wirken zu lassen, aber auch die Sexualität als solche und Zwischenmenschlichkeiten im allgemeinen darzustellen.
Wer vor allem einen mitreißenden Krimi oder Thriller erwartet, wird mit Königspark sicherlich nicht glücklich. Die Wendungen sind überschaubar, und selbst brutalere Szenen beschreibt Paul Ingendaay vergleichsweise nüchtern. Dieser Roman hat vielmehr ein ganz eigenes Flair, welches durch eine gewisse Poesie fesselt, aber auch durch seine Unaufgeregtheit und die eher pointierten Tiefgänge. Der angenehme Schreibstil des Autors macht das Werk entsprechend zugänglich, seine Erzählweise wirkt inspirierend. Königspark ist somit eine angenehme Lektüre für Literaturliebhaber, die facettenreiche Charaktere und Geschichten mögen.
Veröffentlicht: 01. März 2019
Genre: Fiktive Gegenwart
Verlag: Piper
Umfang: 400 Seiten
Preis: 22,00 Euro (Hardcover mit Schutzumschlag)
ISBN: 978-3-492-05719-6
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