Schon mal was von The Midnight Ghost Train gehört? Nein? Ich
bisher auch nicht, dabei hat das Trio schon eine EP, zwei Alben und ein
Livealbum rausgbracht. Aber oft dringen amerikanischen Klänge ja
erst später über den Ozean bis an unser Ohr, wobei sich Cold Was The
Ground heftig und laut bemerkbar macht. Wer denkt, dass alles an
Blues-Stoner-Rock schonmal abgekaspert wurde, der darf sich bei diesem
Album nochmal ordentlich überraschen lassen.
Intro und direkt anschließender Opener sind am Start und lassen schon
grob vermuten, dass es sich hier nicht um ein schleppendes Stück
Bluesrock handelt, sondern Gladstone kommt so rauchig und düster
daher, dass man sich erstmal vor Schreck die Whiskeypulle schnappt.
Die wird einem dann aber nach knapp einer Minute wieder entrissen und
von Frontman Steve Moss weggesoffen, bevor er mit seinen schlammigen
Vocals startet. Hui, klasse Mischung, allerdings auch zunächst recht
gewöhnungsbedürftig, geht die Melodie doch an der ein oder anderen
Stelle etwas flöten. Aber das wird sich im Laufe des Album noch steigern,
so viel sei schon verraten. Aber auch auf der Gitarre rotzt Mr. Moss die
Riffs nur so hin. Zwar präzise ohne Ende aber der Sound ist schön dreckig
und passt perfekt zum durchwummerndem Bass. Das Schlagzeug spielt zwar
viel die zweite Geige, ist aber rhythmusmäßig gut gesetzt, so dass die
drei Musiker ein wirklich gutes Zusammenspiel abliefern. Etwas fixer geht
es dann bei BC Trucker zu, der den Bass laut und breitbeinig
durchlaufen lässt. Ein perfekter Songs um mit seinem Truck durch die
Wüste zu fahren, den sonnengebräunten Ellenbogen locker auf die
heruntergefahrene Scheibe gelegt um genüsslich an der filterlosen
Zigarette zu ziehen. Hier haben die Vocals oftmals Pause aber nur, um
den Saiten noch ein bisschen mehr Platz einzuräumen, die diesen auch
gänzlich ausfüllen und sich melodiös treibend durch den Gehörgang rocken.
Ihr seht, bereits die ersten Songs zeigen sich eindrucksvoll und machen
Lust auf mehr. So lugt dann auch schon Arvonia um die Ecke und
betritt die rauchige Kneipe cool und groovy um dann dem Nächstbesten
eine reinzuhauen, was in eine ordentliche Keilerei aller Gäste gipfelt.
Anders kann ich diesen Song nicht beschreiben. Groovt unglaublich fett
durch die Boxen und der Sprechgesang röhrt über das Ganze drüber. Die
Steigerung und das Runterfahren der einzelnen Passagen ist so geil
aufeinander abgestimmt, dass sowohl Headbanger als auch Slowdancer auf
der Tanzfläche bei diesem Song zu finden sein werden, die dann alle
zusammen beim instrumentalen One Last Shelter zunächst ein bisschen
ausrasten dürfen. Aber auch hier haben wir ein schönes Zusammenspiel von
düsteren verlangsamten Passagen, die von Tonleitern aus dem Sechssaiter
unterstützt werden. Hier geht es zwar nicht ganz so rund zu, wie im
Vorgänger aber The Midnight Ghost Train setzt ja auch nicht auf
glattgeleckten devoten Sound sondern auf kantigen schweißtreibenden Rock.
So darf The Canfield auch wieder richtig loslegen und
unterschwellig wummernd die Spannung bis ins Unerträgliche steigern um
dann im Refrain so richtig auszurasten.
Die zweite Hälfte des Album hält noch ein paar Aha-Momente bereit, so
geht es direkt mit dem hymnenartigen Straight To The North
weiter, der durch seine simplen jedoch eingängigen Gitarren absoluten
Wiedererkennungswert hat und der Kernsatz "Straight To The North"
relativ schnell mitgegrölt werden darf. Hier kommt man dann auch eines
der wenigen Male in den Genuss eines echten Gitarrensolis.
Macht Laune, macht Spaß und
passt perfekt als Einleitung zum folgenden No. 227. Let´s fetz
ist hier das Motto und wird bis in die letzte Sekunde räudig zelebriert.
Ich muss immer wieder über die Vocals staunen, über die man als Zuhörer
oft mehr stoplert als darauf vorbereitet zu werden, die aber einfach
so knallen, dass jeglicher Zweifel an der Notwendigkeit bei der jeweiligen
Stelle wie weggeblasen ist. Einen ganz besonderen Leckerbissen bekommen
wir dann mit The Little Sparrow geliefert. Gesprochene Einlagen
auf Alben kennt man, schaltet man oft einfach weiter, hier wird man
aber auf jeden Fall zuhören. Drei Minuten monologisiert Steve über
einen Ohrwurm, den er aus der letzten Nacht mitgebracht hat, begleitet
von leisen Bass und Drumklängen und emotional unterstützt von einer
traurigen Fidel. Find ich ziemlich cool und man verliert auch nicht das
Interesse an dieser Nummer. Denn bevor das droht gehen wir in den
Endspurt mit dem Midtempo-Rocker Twin Souls der scheinbar auf dem
direkten Weg in die Hölle ist und nur noch kurz einen Abstecher in die
nächste Motorrad-Spielunke macht. Der Ender Mantis kommt genau
so, wie das ganze Album sich präsentiert: Hämmernd und ohne Widerworte
duldend. Hier haben wir eine schöne Zusammenfassung der letzten Minuten,
fällt einem doch jetzt erst auf, dass die elf Songs gerade mal eine
Laufzeit von 40 Minuten zusammenbekommen. Aber das macht wahrscheinlich
auch ein bisschen den Charme dieser Platte aus. Nicht lange fackeln
sondern eintauchen, mitfühlen und eins auf die Fresse kriegen.
Wenn Cold Was The Ground ausklingt verschwindet auch der dicke
Stein, der sich scheinbar auf den Brustkorb gelegt hat, so mächtig kommt
die Scheibe daher und könnte in jeder Rocker-Kneipe durch die Boxen
dudeln. Mag klischeehaft sein, allerdings spielen The Midnight Ghost
Train genau damit und kreieren ein Album voller stimmungsvollen
Songs, die einem die Tränen durch den ganzen Kippenrauch in die Augen
treiben. Die Band erfindet das Rad zwar nicht gänzlich neu, aber die Art
und Weise des Arrangements und das Zusammenspiel der einzelnen Musiker
haut einen mächtig aus den Stiefeln. Man geht mit einem recht coolen
Gefühl aus dieser Platte raus und muss es erstmal auf sich wirken lassen,
bevor man dann von vorne anfangen will. Tatsächlich finde ich keinen
wirklich Tiefpunkt auf Cold Was The Ground sondern nur eine
Ansammlung von Songs, die so groovy und gleichzeitig durchtrieben sind,
dass man sie möglicherweise auf Fahndungsplakaten wiederfinden wird.
Hört auf jeden Fall mal rein, denn auch wenn der finstere Gesang
vielleicht nicht euren Geschmack trifft, so kann man sich dem
Instrumentalen kaum entziehen. Geiles Teil, kann ich nur empfehlen!
Anspieltipps:
BC Trucker
Arvonia
Twin Souls
Tracklist
1. Along The Chasm
2. Gladstone
3. BC Trucker
4. Arvonia
5. One Last Shelter
6. The Canfield
7. Straight To The North
8. No. 227
9. The Little Sparrow
10. Twin Souls
11. Mantis
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Veröffentlichung:27.02.2015
Stil: Blues-Stoner-Rock
Label: Napalm Records
Website: www.themidnightghosttrain.com/
Facebook: www.facebook.com/themidnightghosttrain
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