Als Zula Forthrast einen Job in der Firma ihres Onkels annimmt, ahnt sie noch nicht, welch einschneidende Veränderungen in ihrem Leben das für sie nach sich ziehen wird. Eigentlich ist Richard Forthrasts Unternehmen nämlich harmlos - Er hat ein MMORPG namens T´Rain geschaffen, welches sich durch einige gewitzte Details von Konkurrenten wie World of Warcraft unterscheidet und dadurch zu einer sehr lukrativen Geldmaschine geworden ist.
Als jedoch ein Hacker namens REAMDE einen Virus verbreitet, der die Dateien von arglosen T´Rain-Spielern in Geiselhaft nimmt, geraten die Dinge aus dem Ruder. Zulas Freund Peter, ebenfalls Hacker, hat sich nämlich auf Geschäfte mit Leuten eingelassen, die wenig Spaß verstehen und auch kein Verständnis zeigen, als die von ihnen gekauften Daten plötzlich nicht mehr verfügbar sind. Nur REAMDE hat den Schlüssel zu diesem Schatz, und wie es scheint, sitzt er irgendwo in China. Die Jagd auf ihn beginnt, wobei Peter und Zula - und damit letztlich auch Onkel Richard - in eine Jagd rund um den Globus gezogen, in der Gewalt, Angst, Terrorismus und Kriminalität nur einige Aspekte des alltäglichen Seins sind...
Neal Stephenson hat mit Error den lebenden Beweis angetreten, dass einer der häufigsten Tipps, die man Nachwuchs-Autoren in Internetforen gibt, nicht allgemeingültig ist. In der Regel liest man nämlich immer wieder den Hinweis, ein Buchmanuskript sollte nicht all zu lang sein, weniger sei nunmal mehr. Nun ist Stephenson kein Neuling und kann wohl mit einiger Erfahrung aufwarten, weswegen es ihm in seinem neuesten Werk fabulös gelingt, den Leser über rund 1000 Seiten an seine Geschichte zu fesseln. Das schaffen tatsächlich nicht viele Schreiberlinge.
Thematisch umfasst Error dabei zahlreiche Gebiete. Die Welt der Online-Rollenspiele ist ein interessanter Aufhänger, der mir persönlich sehr liegt, aber auch für "Nicht-Gamer" verständlich dargestellt wird. Zugleich befasst sich das Buch mit der amerikanischen Kultur (inklusive der verbreiteten Liebe zu Schusswaffen), mit dem internationalen Terrorismus, organisiertem Verbrechen, Computer-Kriminalität und vielem mehr.
All das ist in eine Story verwoben worden, die insgesamt sehr schlüssig ist und trotz des immensen Umfangs des Buches nahezu über die gesamte Strecke spannend und dynamisch bleibt. Natürlich gibt es auch viele Stellen, an denen einzelne Aspekte und Themen sehr detailliert vertieft werden, was aber niemals zu Langeweile führt oder aufgesetzt wirkt.
Kleine Schwächen mag man finden, wenn man Error auf Realismus überprüft. Während vieles gut recherchiert scheint und man bei der Lektüre einiges an Wissen ansammeln kann, sollte man immer auch bedenken, dass es sich um Fiktion handelt. So ist das Spiel T´Rain sehr schön dargestellt und perfekt in die Geschichte eingebunden, aber in dieser Form zur heutigen Zeit auf keinen Fall realisierbar. Ich will das jetzt nicht im Detail aufschlüsseln, aber ich denke, jeder Software-Hersteller träumt einfach nur von den Möglichkeiten und der Rechenleistung, um solch ein Projekt auf die Beine zu stellen... Wer weiß, vielleicht sind wir ja schon in wenigen Jahren so weit.
Auch fußt die gesamte Story (inklusive dem wirklich coolen, dramatischen Finale) auf sehr vielen Zufällen, speziell was das Timing und den Faktor "zur richtigen (oder falschen), Zeit am richtigen (oder falschen) Ort" angeht.
Man sollte diese Dinge nicht zu sehr hinterfragen, um Error genießen zu können. Neal Stephenson nimmt für sich auch gar nicht in Anspruch, dass seine Geschehnisse so auch in der Realität stattfinden könnten. Vielmehr ist er ein fantastischer Geschichtenerzähler, der ein unglaublich komplexes und packendes, modernes Märchen geschaffen hat, mit dem man viele, viele Lesestunden verbringen kann.
Ich könnte an dieser Stelle noch viel Schwärmerei von mir geben, so zum Beispiel über die wirklich tiefen und griffigen Charaktere, aber das erspare ich mir und euch. Nutzt die Zeit lieber, um beim Buchdealer eures Vertrauens ein Exemplar von Error zu ergattern und euch dann mit einem heißen Getränk der Lektüre hinzugeben. Besser kann man die langen, kalten Winterabende wahrlich nicht gestalten!
Veröffentlicht: 16. Oktober 2012
Genre: Thriller
Verlag: Manhattan
Umfang: 1024 Seiten
Preis: 24,99 Euro (Gebundene Ausgabe)
ISBN: 978-3-442-54692-3
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