Es scheint ein harmloser Internet-Flirt zu sein. Auf MySpace lernt die dreizehnjährige Lainey den gutaussehenden Zach kennen. Ohne Wissen ihrer Eltern verabredet sie sich mit ihm, doch statt ihrer großen Liebe erwartet sie ein Irrer, der sie entführt. Die Behörden gehen anfangs davon aus, dass die Kleine einfach ausgerissen ist, doch Agent Bobby Dees, seines Zeichens Spezialist dafür, vermisste Kinder wiederzufinden, hat eine böse Vorahnung - Und die soll sich bald bestätigen. Lainey ist nicht nur einfach entführt worden, sie befindet sich in den Fängen eines Psychopathen, der Teenagerinnen wie Schmetterlinge zu sammeln scheint. Und sie genau wie solche gerne mal aufspießt...
Mädchenfänger von Jillian Hoffman war für mich ein Spontankauf. Der dringende Wunsch nach neuer Lektüre, nur Bücher hier herum liegen, auf die ich keine Lust habe... Und dann einfach mal das Nächstbeste, was vom Cover und Titel ansprach, beim Kiosk um die Ecke gekauft. Oftmals entdeckt man ja gerade so richtige Perlen. Und der Aufkleber "Spiegel-Bestseller" muss zwar nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal sein, aber schaden tut er sicher nicht.
Die Autorin, eine ehemalige Staatsanwältin, erzählt hier einen Thriller, der mit der Urangst moderner Eltern spielt: Unwissenheit gegenüber dem, was im World Wide Web passiert, davor, dass ein kranker Psychpath auf diesem Wege die unschuldige Tochter aufgreifen kann. In Mädchenfänger passiert genau dies, aber nicht nur einmal: Der Bösewicht hat es sich zur Spezialität gemacht, sogenannte "Wegwerfkinder" (z.B. Ausreißerinnen und Heimkinder) aufzugreifen, und diese für seine perversen Phantasien zu missbrauchen. Zunächst merkt davon niemand etwas, doch dann setzt sich sein Narzissmus durch. Er fängt an, seine Opfer nicht nur zu ermorden, sondern damit auch gezielt die Medien und Spezialagent Bobby Dees (dessen Tochter selbst vor etwa einem Jahr weggelaufen ist) bewusst herauszufordern.
Aufgrund ihres Fachwissens hat Jillian Hoffman natürlich die perfekten Voraussetzungen, um einen guten Thriller mit viel realistischer Ermittlungsarbeit zu verfassen, was ihr in Mädchenfänger aus dieser Perspektive heraus auch wunderbar gelingt. Manchmal wird es zwar arg "technisch", wenn erstmal alle möglichen US-Organisationen und Maßnahmen erklärt werden, die bei vermissten Kindern greifen, aber für Hobby-Kriminologen (oder solche, die es werden wollen) dürfte auch dies interessant sein. Ausgereifte Charaktere darf der geneigte Leser erwarten, ebenso wie eine eigentlich ziemlich gut durchdachte Grundstory.
Worin ich persönlich ein paar kleinere Schwächen in diesem Roman sehe, ist die Dramaturgie. Der Einstieg, also die Entführung von Lainey durch den Internet-Verbrecher, ist sehr klischeebeladen. Recht früh werden die (für mich) spannendsten Fragen schon geklärt, und letztlich liest sich das Buch manchmal wie ein Drehbuch für einen Hollywood-Streifen - Inklusive der obligatorischen Verfolgungsjagd. Das ist zwar nicht grundsätzlich schlecht, ich persönlich bevorzuge aber doch eher tiefgreifendere Spannung.
Dennoch habe ich Mädchenfänger in kürzester Zeit durchgelesen, was ich wiederum anfangs überhaupt nicht vermutet hätte. Hauptgrund hierfür ist die eigentlich entscheidende Frage hinter der ganzen Geschichte: Was ist mit Bobby Dees Tochter Katy passiert? Und da hütet die Autorin zum Glück bis ganz zum Schluss eine Ungewissheit, welche die Neugier in einem zum Weiterlesen zwingt.
Bleibt als Fazit: Mädchenfänger ist sicherlich kein umwerfendes Meisterwerk, das man gelesen haben muss, aber doch ein sehr guter Roman, dessen Lektüre für mich keine verschwendete Zeit war. Wer einen ordentlichen Thriller für Zwischendurch sucht, macht mit dem Kauf dieses Buches nichts verkehrt.
Veröffentlicht: 01. Oktober 2011 (3. Auflage)
Verlag: rororo Verlag
Umfang: 464 Seiten
Preis: 9,99 Euro (Taschenbuch)
ISBN: 978-3499253881
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