Mikael "Kalle" Blomkvist hatte stets einen blenden Ruf als Wirtschaftsjournalist, doch nun hat er einen Faux-Pas begangen, der ihm gar eine Verurteilung wegen Verleumdung einbringt. Seine Karriere scheint am Ende, da taucht ein altender Großindustrieller namens Henrik Vanger auf und offeriert ihm eine seltsame Aufgabe: Zum einen soll er eine Familienchronik über die Famile Vanger schreiben, zum anderen soll Mikael ein Geheimnis lüften, welches den alten Herrn seit fast 40 Jahren beschäftigt: Was ist mit dessen Nichte Harriet passiert, die auf mysteriöse Weise vor fast 40 Jahren spurlos verschwunden ist? Wiederwillig sagt der gebeutelte Journalist zu, nicht ahnend, auf was er sich da wirklich einlässt.
Schweden-Monate bei Otti! Irgendwie hatte ich noch nie soviel mit dem skandinavischen Königreich zu tun wie im Jahre 2011... Erst ist es mein erster Volvo, den ich mir kaufe, dann zahllose tolle, schwedische Bands wie The Search oder Principe Valiente, mit denen ich mich intensiv befasse, und nun lese ich auch erstmals einen Roman von einem schwedischen Autor, der in Schweden spielt... Fehlt nur noch, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Ikea betrete!
So langsam macht mich das Land wirklich neugierig, was aber nicht der Grund ist, warum ich nun Verblendung in die Hand genommen habe. Tatsächlich kaufte ich das Buch schon vor ein paar Monaten, heiß gemacht durch die Medienpräsenz der Bücher (und deren Verfilmungen) vom leider verstorbenen Autor Stieg Larsson. Normalerweise gebe ich ja so rein gar nichts auf solche gehypten Sachen, in diesem Fall waren aber sämtliche Artikel, die es dazu gab, wirklich überzeugend und weckten ernsthaftes Interesse in mir.
Nun habe ich Verblendung also endlich gelesen, oder vielmehr: Verschlungen! Tatsächlich habe ich gut die Hälfte des Romans in der gestrigen Nacht inhaliert, mit diesem unbändigen Drang, den nur wirklich gute Bücher auszulösen vermögen.
Zur Geschichte will ich gar nicht mehr erzählen, als in der Einleitung steht, einfach um möglichen Lesern die Spannung nicht zu nehmen. Wichtig ist es aber noch, den zweiten Hauptcharakter neben Mikael zu erwähnen, nämlich die 25-jährige Lisbeth Salander, "Ermittlerin" von Beruf und ein ganz eigenes Wesen. Lisbeth ist klassische Außenseiterin, optisch irgendwo zwischen Punk und Gothic anzusiedeln, menschenscheu, wehrhaft und doch irgendwie zerbrechlich... Einfach einer der genialsten Charaktere, die ich je durch einen Roman begleiten durfte.
Ansonsten ist es vor allem der packende Stil von Stieg Larsson, der dieses Buch so besonders macht. Der Autor schafft es eine lebendige und realistisch wirkende Geschichte zu erzählen, die zahlreiche überraschende Wendungen nimmt. Sehr detailverliebt beschreibt er die Gedanken, Handlungen aber auch Umgebungen seiner Protagonisten, wobei das womöglich auch der einzige Kritikpunkt ist. Manchem mögen die ausführlich und pointiert beschriebenen Szenen zu penibel dargelegt sein, zudem hat Larsson den Hang, ständig Markennamen aufzugreifen und z.B. technische Gerätschaften wie Computer bis hin zu ihren kleinsten Leistungsfaktoren zu zerlegen. Wäre dies eine Pro7-Serie, würde definitiv irgendwann der Satz "unterstützt durch Produktplatzierungen" aufleuchten. ;)
Die Akribie, mit welcher der Schwede vorgeht macht aber auch seine große Stärke aus: Alles ist schlüssig und nachvollziehbar, alles wirkt lebendig und echt. Mehrere kleine Nebenhandlungen fügen sich geschmeidig an den gelungenen Hauptplot und ergänzen diesen zu einer komplexen Geschichte. Bis zum Schluss kann man mitfiebern, selbst im letzten Satz noch sorgt Stieg Larsson für eine kleine Überraschung, die Lust auf die Fortsetzungen macht, ohne das flaue Gefühl einer unabgeschlossenen Geschichte zu hinterlassen.
Und das ist letztlich auch mein Fazit: Verblendung ist für sich und in sich geschlossen ein fantastischer Roman, den ich wirklich genossen habe. Man erwartet nicht unbedingt eine Fortsetzung, aber da ich weiß, dass es sich hier um eine Trilogie handelt, freue ich mich schon wahnsinnig darauf, die weiteren Teile Verdammnis und Vergebung irgendwann zu lesen.
Veröffentlicht: 01. März 2006
Verlag: Heyne Verlag
Umfang: 688 Seiten
Preis: 9,95 Euro (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-453-43245-1
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