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Wolfhard Klein: Mausetod!

Es gibt sie seit Jahrtausenden, selbst den Höhlenmenschen waren sie schon als Mitesser bekannt: Die kleinen Nager, wie Mäuse und Ratten. Stets waren sie nicht nur Konkurrenten um Nahrungsmittel, sondern der Mensch an sich sah sie zumeist als Plage, die ganze Ernten vernichtete und Krankheiten übertrug. Selbst heute, in multimedialen Zeiten, wo Diddl, Mickey und auch die Sendung mit der Maus längst die Liebe zu den kleinen Tierchen vertieft haben, eine Zeit in der viele sich eben jene als Haustiere halten, gilt die Maus (nicht ganz zu unrecht) noch als Schädling.
Und ebenso lang, wie der Mensch versucht, sich gegen die diebischen Mausetiere zu wehren, gibt es auch Mausefallen. Der Journalist Wolfhard Klein (beim SWR tätig) hat aus einer kleinen Idee heraus nun die letzten 30 Jahre damit verbracht, diese Fallen, aber auch das generelle Phänomen der Mausejagd an sich, zu ergründen und ihre Geschichte zu erforschen. Das Ergebnis liegt nun im Bauch Mausetod! - Die Kulturgeschichte der Mausefalle vor.

Ein ganzes Buch nur über Mausefallen? Das klingt zunächst skurril. Man muss dazu jedoch gleich sagen, dass der Autor nicht nur die physische Falle als solche behandelt, sondern auch Themen wie Gifte, menschliche Fänger und sogar ein Kapitel der Erotik der Mausefalle gewidmet hat... Aber dazu später mehr.
Entstanden ist die Idee zum Buch wohl seinerzeit dadurch, dass Wolfhard Klein in Lexika keine Einträge zur Mausefalle gefunden hat und auf Nachfrage von den Verlagen mit der Aussage abgespeist wurde, das Thema sei zu irrelevant. Die geweckte Neugier ließ ihn nicht mehr los, und je mehr er sich in das Thema eingearbeitet hat, um so komplexer wurde es, was die unglaublich lange Entwicklungszeit dieses Buches erklärt. Zahlreiche Helfer wie (ehemalige) Hersteller von Fallen, Museen, private Sammler und viele mehr haben ihn dabei unterstützt und so ein ungewöhnliches, aber sehr aufschlussreiches Werk über einen kleinen, kaum beachteten, dennoch stets präsenten Alltagsgegenstand ermöglicht.

Mehr als die Hälfte des Buches dreht sich dabei natürlich um die Falle an sich, in ihren zahlreichen verschiedenen Ausprägungen, was alleine schon sehr interessant ist. Mir zum Beispiel waren bis dato nur zwei Fallentypen bekannt, die klassische Bügelfalle, wie sie wohl jeder kennt, und die Lebendfalle als Käfig, die - wie ich nun erfahren durfte - Reusenfalle heißt. Daneben gibt es aber eben schon seit Jahrhunderten zahlreiche Formen, Abwandlungen und gänzlich andere Fangapparate - Bei der Jagd nach Mäusen war der Mensch äußerst kreativ. Auch wird erforscht, wer diese Gerätschaften gebaut hat, wie ihre Vertriebswege in der Vergangenheit waren und bis heute sind, und wie professionelle Mausefänger gearbeitet haben.

Zudem wird ein Kapitel dem Gift als Ungeziefervertilger gewidmet und, wie schon erwähnt, die sexuelle Bedeutung der Maus und der Mausefalle ergründet, wobei das Gift-Kapitel wohl eher für chemisch-biologisch interessierte Menschen interessant und verständlich ist. Das Sex-Kapitel wiederum bringt einige sehr spannende Informationen ans Tageslicht.

Zwei Kritikpunkte möchte ich ansprechen: Zum einen verfällt Autor Klein gelegentlich in einen etwas verworrenen Stil dem schwer zu folgen ist und wiederholt sich auch mal ganz gerne kurz hintereinander mit den gleichen informationen. Zum anderen versucht er im Kapitel "Mausefalle und Sexualität" krampfhaft und über weite Strecken, einen seltsamen Zusammenhang zwischen dem "spitzen Schrei einer Frau beim Anblick eienr Maus" und der sexuellen Symbolik der Maus herzustellen, was irgendwie das ansonsten sehr sachliche Gesamtbild des Buches zerrüttet. Herr Klein, wie wäre es mit der simplen Logik, dass eine Frau, die sich erschreckt oder auch eine Phobie hat, natürlich dem Schreck durch einen Schrei Ausdruck verleiht? ;)

Sieht man aber von diesen beiden eher kleinen Makeln ab, ist es faszinierend, wie der Autor aus einer scheinbar banalen Sache ein durchaus spannendes und geschichtlich wie zeitaktuelles Büchlein gezaubert hat, welches nicht nur die Falle, sondern auch das Zusammenleben der Spezies Mensch mit seinen "Schmarotzer"-Vierbeinern auf vielfältige Art darstellt. Besonders lobenswert ist die über weite Strecken bewahrte Neutralität. Wolfhard Klein wertet nicht, hebt nicht den moralischen Zeigefinger, sondern stellt dar und informiert, was ihm ausgesprochen gut gelingt.

Geschichte und Kultur einfach mal aus einer ganz anderen, speziellen Perspektive betrachtet - Genau das birgt Mausetod! auf seinen ca 200 Seiten. Manchem mag das Thema zu abstrus sein, aber grundsätzlich finde ich sowohl die Idee witzig als auch die Umsetzung bewegt sich nah an der Meisterhaftigkeit. Dieses Buch ist halt mal was vollkommen anderes.

Veröffentlicht: 28. April 2011
Autor: Wolfhard Klein
Verlag: Verlag Philipp von Zabern
Umfang: 204 Seiten
Preis: 19,90 Euro (Flexicover)
ISBN: 978-3-8053-4319-0

Cover

05/20/11 by Otti

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