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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

Die Art: Auferstanden aus Ruinen...

Es ist eine Bandkarriere wie kaum eine andere: Vom tiefsten Underground zu großen Erfolgen, dann kam ein Tal welches zur Auflösung führte, nur um sich wenige Jahre später aus den eigenen Ruinen wieder zu erheben: Die Art wissen, was es heisst zu kämpfen, zu gewinnen und zu verlieren. der Punk in ihren Herzen hat den Recken gezeigt, dass sie nie aufgeben sollten und die Fans haben ihnen immer die Stange gehalten, und so präsentiert sich das Quartett heute stärker denn je.
Sänger und Gründungsmitglied Makarios nahm sich die Zeit, um uns ausführlich über die Geschichte und das bewegte Leben von Die Art zu informieren.

Otti:
Begonnen hat eure Geschichte in der ehemaligen DDR, wo ihr zunächst als Die Zucht bekannt und aktiv wart, den Namen aber auf staatlichen Druck ändern musstet. Wenn ihr so zurück blickt, trauert ihr dieser Anfangszeit hinterher, oder seid ihr auch für eure Band froh, wie sich letztlich alles entwickelt hat?

Makarios:
Hinterher trauern ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber aufregend war es schon. Andererseits, welche Band besteht schon noch nach 25 Jahren, nimmt man Die Zucht dazu, sind es 27. Letztendlich sind wir froh, daß es so gekommen ist, wie es gekommen ist. Die Anfangszeiten hätten uns auch spielend zermürben können, und an Gelegenheiten dazu hat es nicht gefehlt.


"Das kleine, feine Die Art-Universum ist schon etwas, worin man sich gut bewegen kann"

Otti:
Trotz zahlreicher Umbesetzungen sind Makarios und Thomas von der Ursprungsformation bis heute erhalten geblieben. Würdet ihr euch beide somit als Herz von Die Art bezeichnen?

Makarios:
Vielleicht sind wir stilprägend, aber die Band ist immer als Ganzes zu sehen. Schon der Wechsel an einem scheinbar so austauschbaren Instrument wie dem Bass hat uns ins Schlingern gebracht und führte letztendlich zur zwischenzeitlichen Auflösung. Kein Musiker ist unwichtig bei Die Art, und keiner einfach nach Belieben ersetzbar, da unterscheiden wir uns vielleicht etwas von anderen Bands.

Otti:
Bekanntermaßen war es in der DDR sehr schwer, an Platten und Musik aus dem Westen zu kommen. Auf welchen Wegen habt ihr euch denn euren Input besorgt? Und habt ihr noch einige der Schätzchen von damals?

Makarios:
Wir haben immer Wege gefunden, an Schallplatten zu gelangen, nur fehlte das Geld, um den Schwarzmarktpreis zu bezahlen. So war es also immer ein heldenhafter Augenblick, wenn eine neue Scheibe im Regal stand. Wir haben natürlich aufgepasst, dass sich im Freundeskreis jeder unterschiedliche Platten besorgte, damit dann ordentlich "getauscht" werden konnte. Ein weiterer, sehr wichtiger Weg, um an Musik zu gelangen, war das Radio. Es gab ja noch grandiose Nachtsendungen auf NDR2, und nicht zuletzt das DDR-Jugendradio DT64 und die Sendung Parocktikum, wo Underground gespielt wurde. Inzwischen gibt es ja kaum noch weitreichende Radiosender mit interessantem Musik-Programm.

Otti:
Waren es denn diese musikalischen Vorbilder, die zur Gründung von Die Zucht (und damit letztlich auch Die Art) führten, oder was hat euch zu einem solchen Schritt bewogen?

Makarios:
Wir wollten uns die Musik, die es hier nicht gab, selber machen. Ganz einfach. Und logischerweise wollten wir solche Musik machen, wie Joy Division, Fehlfarben etc. Zudem ist es eben etwas Unerhörtes gewesen, in einer Punkband zu spielen. Das war schon `ne große Sache. Man hatte ja sofort eine Sonderstellung in der Gesellschaft, galt als nicht normal... Und es hatte ja auch etwas von einem Geheimbund. Ich glaube, der Gründungstag von Die Zucht war einer der schönsten in meinem Leben.

Otti:
In Kürze erscheint nun mit Twenty Fear eine Best Of von euch... Die zweite nach Für immer und ewig aus dem vergangenen Jahr. Letztere konzentrierte sich vor allem auf die deutschsprachigen Hits, das neue Werk nimmt die englischsprachigen Höhepunkte unter die Lupe. Gab es neben der sprachlichen Aufteilung noch weitere Gründe, warum ihr gleich zwei solcher Zusammenstellungen herausbringt?

Makarios:
Nein, es liegt schon an der Sprache. Zudem, wir hätten ja sonst ein Dreifachalbum machen müssen.

Otti:
Generell stelle ich es mir sehr schwierig vor, bei eurer Fülle an Songs eine Auswahl der „Besten“ zu tätigen: Nach welchen Kriterien habt ihr denn die Stücke zu Twenty ausgewählt?

Makarios:
Das ist so schwer nicht, man weiß ja, welche Songs das Publikum erreicht haben, welche in den Neunzigern populär waren. Dazu kommen dann noch die Vorlieben der einzelnen Musiker. Und manche unserer "alten" Songs sind ja immer noch im Programm oder im Zugabenteil zu hören. Diese Songs müssen dann natürlich auf so ein Album.

Otti:
Twenty Fear enthält ja mit Fear auch eure erste "echte" Platte komplett. Welche Bedeutung hat Fear bis heute für die Entwicklung und die Geschichte von Die Art?

Makarios:
Es ist so etwas wie die "Erlösungsplatte", das Album, nach dem wir immer gestrebt haben und nie dachten, dass wir dazu kommen. Aus heutiger Sicht ist es vielleicht etwas ungeschliffen und roh, vielleicht auch naiv, aber es ist eine authentische Sache. Auf Fear landeten ja die unserer Meinung nach besten Songs aus der Zeit, in welcher Die Art sich ihr Publikum erspielt hat. Da fand schon eine Selektion statt, so dass es eigentlich ein Best Of-Album für sich war. Jetzt die ein, zwei Songs wegzulassen, die eventuell nicht so den Nerv treffen, wäre gelinde gesagt albern, die Fear ist als Ganzes zu sehen, die Platte hat uns den Weg bereitet, immer wieder ins Studio gehen zu können.

Otti:
Habt ihr die Songs eigentlich neu eingespielt oder zumindest remastered, oder handelt es sich um reine Originalaufnahmen?

Makarios:
Es sind alles Originalaufnahmen, natürlich neu gemastert.

Otti:
Wenn ihr das Doppelalbum nun betrachtet, in den mit den Songs zusammenhängenden Erinnerungen wühlt, ist es eher Wehmut oder doch Zufriedenheit, die eure Herzen füllt?

Makarios:
Ich glaube, und da kann ich jetzt nur für mich sprechen, es ist ein bisschen Wehmut dabei, weil diese Zeit, insbesondere die Jahre 1990 - 1995, doch ein sehr schöner Rausch war, alles war neu, jedes Jahr kam ein neues Album, die Konzerte waren voll und man hatte immer das Gefühl, jetzt geht die Post ab. Das neue Jahrtausend verlief dann ja für Die Art erst einmal nicht so gut, und erst seit 2 - 3 Jahren ist ein ähnliches Bandgefühl wieder da. Da blickt man also auch etwas verklärt auf die "gute alte Zeit" zurück und weiß aber, dies ist unmöglich.

ADCELL

Otti:
2001 habt ihr Die Art ursprünglich aufgelöst, ein Schritt der ja zum Glück mittlerweile wieder rückgängig gemacht wurde. Als Nachfolge wurde Wissmut gegründet, aus mehrheitlich denselben Mitgliedern. Im Nachhinein betrachtet, welchen Sinn hatte dieses für euch und die Fans schmerzliche Chaos?

Makarios:
Wissmut wurde von Thomas Gumprecht und mir gegründet. Dass aus dem Wissmut-Bassisten Conrad Hoffman dann auf der Abschiedstour 2001 ein Die Art-Mitglied wurde, verdanken wir den Wirren um die Besetzung an diesem Instrument. Wäre Conrad schon zwei Jahre früher zu Die Art gekommen (wie wir uns das gewünscht hatten), die Band hätte sich nie aufgelöst und Wissmut hätte es nie gegeben. Es führten einfach viele unglückliche Umstände dazu, dass Wissmut sein musste. Leider war es nicht möglich, die neue Band so populär zu machen, wie Die Art, und erst jetzt entdecken viele Fans, dass Wissmut ein Teil der Geschichte ist und großartige Alben veröffentlicht hat. Wir mussten ja selber ganz irritiert erfahren, dass der Schatten von Die Art viel zu lang war, als dass Wissmut da heraustreten konnte. Und so gab es letzten Endes nur den Weg zurück zur alten Band. Das ist das, was die Fans wollen, das müssen wir akzeptieren, und inzwischen ist es auch für mich gut so.

Otti:
In mehr als einem Vierteljahrhundert Bandgeschichte habt ihr zahlreiche Höhen und Tiefen, Rückschläge und Erfolge erlebt. Hat euch diese Achterbahnfahrt abgehärtet gegen all das, was nun noch auf euch zukommen kann?

Makarios:
Ja. Eindeutig ja. Was soll uns eigentlich noch passieren? Wir wissen, wie es nach oben geht, wir wissen, wie es nach unten geht, wir wissen, was passiert, wenn sich die Band auflöst und wir sind trotzdem noch da. Sicher verknüpft man immer wieder Hoffnungen mit jedem Album, Hoffnungen, dass man sein Publikum erreicht und nicht enttäuscht, Hoffnungen, dass man doch als etwas anderes als ein Denkmal wahrgenommen wird, dass man den ultimativen Song, den man schon x Mal geschrieben hat, nochmal schreiben kann. Wir sind ja nun nicht gerade ein Szene-Hype oder eine Mega-Band, aber das kleine, feine Die Art-Universum ist schon etwas, worin man sich gut bewegen kann.

Otti:
Es ist schon interessant, in eurer Biografie zu lesen, wieviele Bandmitglieder in den Anfangsjahren von der NVA "verschluckt" wurden. Nun soll die Wehrpflicht in Deutschland endgültig abgeschafft werden. Aus eurer Sicht ist das doch sicher ein begrüßenswerter Schritt, oder?

Makarios:
Selbstverständlich. Wehrpflicht ist etwas gänzlich Destruktives.

Otti:
Was bei euren Tourdaten für diesen Herbst/Winter auffällt: Ihr bewegt euch da fast ausnahmslos auf dem Terrain der Ex-DDR. Liegt das daran, dass ihr im Rest der Republik nie solchen Kultstatus erlangen konntet wie im Osten?

Makarios:
Ursprünglich war für diesen Herbst gar keine Tour geplant, weil wir ja eher zum 25. Bandjubiläum im kommenden Frühjahr touren wollten. Aber nach und nach füllte sich der Terminkalender, wie automatisch, und da war wenig Planung dabei. Dennoch muß ich Dir Recht geben, daß unser Einzugsgebiet hauptsächlich der Osten ist. Wir spielen gern im Westen, wenns ins Routing paßt, wenn entsprechende Angebote kommen. Den Status wie hier haben wir dort aber nicht, ganz klar.

Otti:
Als ihr angefangen habt, habt ihr euch sicher als Punks, als Rebellen, vielleicht auch als Waver gesehen. Wie betrachtet ihr euch und eure Musik heute? Gibt es da gewisse Etiketten die immer zutrafen?

Makarios:
Wer als Punk angefangen hat, hat das irgendwie immer in sich, selbst wenn man ganz andere Musik macht. Das Rebellische verliert sich etwas, geht aber nie ganz weg. Heute versuchen wir dem gerecht zu werden, was allgemein unter Die Art angenommen wird, also eine gitarrenorientierte Punk-Pop-wie auch immer-Mischung hinzukriegen, mit dem ewigen Hang zum Düsteren. So sind wir nun mal, und das wird sich nicht mehr groß ändern.


"Was soll uns eigentlich noch passieren?"

Otti:
Glaubt ihr, dass Die Art irgendwie im kleinen oder großen Stil Einfluss auf diese Republik und das Leben mancher Menschen in ihr hat(te)?

Makarios:
Das kann ich mir nur bedingt vorstellen. Wir haben vielleicht Einfluss auf den Musikgeschmack unserer Fans, und vielleicht haben sich daher auch ein paar Bands gegründet, aber auf das wirkliche Leben hat eine Band keinen Einfluss.

Otti:
Die kommende Tour hatte ich ja bereits erwähnt - Was stehen denn sonst noch für Pläne an bei euch in nächster Zeit?

Makarios:
Wir hoffen, dass wir unsere 12-Inch-Vinyl-Maxi über den Winter fertig bekommen und zur Jubiläumstour vorstellen können. Erst mal als Schallplatte und auch als Test, ob unsere Vinylfreunde wirklich so zahlreich sind, wie prophezeit. Wir wollen die Songs im Studio live einspielen, eine Arbeitsweise, die neu für uns ist. Es ist eben ein Experiment.

Otti:
Und um euch noch Gelegenheit zu geben, euch kreativ auszutoben, gibt es am Ende dieses Interviews unbegrenzt viel Platz für euch, den ihr mit Worten, Bildern oder sonstigen Ergüssen füllen dürft:

Makarios:
Soviel gibt es gar nicht zu sagen, außer: 1000 Dank an unsere Fans, ohne die dieses Interview gar nicht stattgefunden hätte.

www.die-art.de

Art des Interviews: Email
09/26/10 by Otti

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