Dr. William Chester Minor der fleißigste der ehrenamtlichen Mitarbeiter an dem gigantischen Oxford English Dictionary ist "Der Mann der die Wörter liebte". Zeit dazu hatte er genug, denn Minor war ein paranoider Mörder der viele Jahre Insasse eines Gefängnisses für Geisteskranke war.
Simon Winchester beschreibt die faszinierende Entstehungsgeschichte des "-OED-", des ersten, größten und umfangreichsten Wörterbuchs der Welt, das nicht nur als Nachschlagewerk dient, sondern den Weg für die Weltsprache Englisch ebnen sollte.
In erster Linie geht es jedoch um die tragische und zugleich spannende Lebensgeschichte jenes Dr. Minor, der 1834 als Sohn einer reichen Missionarsfamilie auf Ceylon geboren wurde. Er diente während des amerikanischen Bürgerkriegs als Armeearzt, wodurch er seelische Schäden erlitt. Geplagt von Verfolgungswahn reist Minor, nach Entlassung aus der Armee, nach London, wo er 1872 in einem paranoiden Schub einen ihm fremden Mann erschießt. Er stellt sich freiwillig und wird zu lebenslanger Verwahrung in der Anstalt Broadmoor verurteilt.
Die Zeit in der Anstalt verbringt Minor mit Lesen. Eines Tages fällt ihm durch Zufall ein Aufruf zur freiwilligen Mithilfe an einem groß geplanten Wörterbuch in die Hände und er macht sich sofort an die Arbeit. Zehntausend Belegstellen für Wörter schickt er in den 20 Jahren, der Entstehung des "-OEDs-" an den Herausgeber, James Murray. Die Wörtersuche führt nicht nur zu einer engen Freundschaft mit Murray sondern erweist sich auch als effektive Therapie zur Dämpfung des Verfolgungswahns. Am Ende siegt jedoch die Krankheit, die Liebe zu den Wörtern geht verloren, sexuelle Zwangsvorstellungen nehmen immer mehr zu und auf dem Höhepunkt einer Wahnvorstellung amputiert sich der ehemalige Arzt den Penis, bevor er 1920 stirbt.
414.825 Wörter und 1.827.206 erläuternde Zitate umfasste das "-Oxford English Dictionary-" als James Murray es 1928 in 12 riesigen Bände erstmals veröffentlichte.
Es ist deshalb so bedeutend weil nicht nur jeder Begriff mit Betonung, Zitat und Zeitraum des Gebrauchs aufgebaut ist, sondern auch das erste dieser Art war. Zum Vergleich: Das Deutsche Wörterbuch wurde erst 1960 abgeschlossen und veröffentlicht. Des weiteren ist es selbst heute, immer noch, das umfassendste Wörterbuch der Welt.
Das vorliegende Buch ist ein spannender biographischer Roman über zwei der wohl bedeutendsten Männer der englischen Sprache. Damit meine ich nicht, dass es die einzigen sind, sondern nur zwei. Dass Shakespear ein weiterer war ist unbestreitbar, jedoch hatte dieser eben nicht ein so detailliertes Wörterbuch zur Hand um nachzuschlagen. Das wird in diesem Buch ebenfalls erwähnt.
Der Autor Simon Winchester weiß wie man die Menschen zum Weiter-lesen bewegen kann und fesselt sie durch einen ganz eigenen Schreibstil. Dieser zeichnet sich durch eine Mischung aus biographischem Sachtext und erzählendem Roman aus.
Jedem der auch nur ansatzweise Interesse an Sprache hat empfehle ich dieses Buch zu lesen, weil es einem klar macht das Genie und Wahnsinn oft näher beieinander liegen als man denkt.
Übersetzt von Harald Stadler
Verlag: Knaus Albrecht
Erschienen: Februar 2006
Ausgabe: Gebunden
283 Seiten
Preis: 12,95 €
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