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Zu voll - Diese zwei Worte treffen nicht nur auf die Love Parade zu, was bekanntermaßen in einer Tragödie endete, sie beschreiben auch ziemlich genau den Zustand des Tanzbrunnen in Köln am 24. und 25. August. Hier fand nämlich wie schon in den Jahren zuvor wieder das Amphi Festival statt, zum zweiten Mal in seiner Geschichte (nach 2008) ausverkauft. Große Mengen an gruftigem Schwarzvolk tummelten sich über das gesamte Wochenende auf dem Festivalgelände, aus Veranstaltersicht ein voller Erfolg. Doch für uns als Besucher trübte diese Überfüllung ein wenig die Freude am ansonsten wieder perfekt gelungenen Event.
Wie bereits erwähnt war das Amphi zwar schon 2008 ausverkauft, damals gab es allerdings auch nur 2 Bühnen, wodurch das Gesamtaufkommen an Menschen deutlich geringer war, und sich subjektiv betrachtet auch einfach besser verteilte. Letztes Wochenende jedoch schien es fast so, als seien die nunmehr 16000 Besucher überall, vor allem immer da wo man gerade stehen oder gehen wollte. Vor allem als Fotograf ohne Zugang zum Graben war dieser Umstand oft eher deprimierend... Entweder man parkte sich frühzeitig irgendwo mitten vor der Bühne, oder man fand kaum noch gescheite Blickwinkel, ohne anderen Besuchern durch Rempeln und "Sicht versperren" auf den Sack zu gehen. Hätte nicht ein Freund (Cutter) meine Cam nachher mit in den Graben genommen, die Ausbeute an halbwegs hübschen Bildern wäre grausam niedrig gewesen.
Versteht mich nicht falsch, auch das Amphi Festival 2010 war rein organisatorisch nahezu perfekt. Sound und Technik stimmten, die Bandauswahl war Top und bot für alle schwarzen Geschmacksrichtungen etwas, Security und Personal gaben sich gewohnt freundlich und hilfsbereit. Aber gerade bei solch einem tollen Ambiente ist es um so schmerzlicher, wenn dieses permanente Gefühl der Überfüllung die Freude ein wenig trübt, und man viele Freunde kaum oder gar nicht wiederfindet, wenn man nicht ständig via Handy Kontakt hält. Oder um es anders auszudrücken: Wenn das Amphi sich weiter so entwickelt, wird der Tanzbrunnen in Köln wohl als Location nicht mehr ausreichen.
Divamee
Für mich persönlich ebenfalls etwas ungünstig ausgefallen ist die Verteilung der Bands auf die Locations. Gerade Sonntag hätte ich vom persönlichen Geschmack her nahezu den ganzen Tag im Staatenhaus verbringen können - Der Wunsch nach frischer Luft, das (leider immernoch) Laster "Rauchen" und eine generelle Abneigung gegen eine Indoor-Bühne bei einem Sommerfestival widersprachen einem solchen Verhalten jedoch. Allerdings muss man dazu sagen, dass dieses Schicksal in den vergangenen Jahren sicher auch schon anderen Besuchern gewunken hat, sowas ist eben Glückssache. Letztlich führten alle Umstände zusammen jedenfalls dazu, dass ich die meiste Zeit rastlos von a) nach b) getigert bin, in der Hoffnung hier und da mal ein paar brauchbare Fotos zu bekommen oder ein nettes Gespräch zu führen - vollständig genossen habe ich die wenigsten Auftritte.
Wenden wir uns nun also den musikalischen Aspekten des Amphi Festival 2010 zu.
Begonnen hat das Festival für viele übrigens schon am Freitag. Zum ersten Mal in seiner Geschichte bot das Amphi nämlich einen Newcomer-Wettbewerb - den sogenannten New Talents Contest, mit dem zugleich Spenden für den Dunkelziffer e.V. - einen großen Verein der sich um missbrauchte Kinder kümmert - gesammelt wurden. Vier Startplätze wurden im Vorfeld versteigert, vier Bands konnten sich also somit für die Endrunde am Freitag vor dem Amphi "qualifizieren".
Jeweils halbstündige Auftritte boten die Teilnehmer dann auch - Mit von der Partie im Theater am Tanzbrunnen waren: Boundlezz, Novus UK, Zin und unsere Freunde von Divamee.
Schade war hier vor allem, dass der Sound vergleichsweise unprofessionell war. Bei sämtlichen Bands war gerade die Beschallung direkt vor der Bühne so unausgegoren, dass man dort eigentlich fast nur Gesang wahrnahm. Die obligatorischen Aufrufe der Bands an das Publikum, doch mal näher zu kommen, scheiterten nicht zuletzt an diesem Faktor - schade.
Hier aber ein paar Eindrücke zu den Bands:
Boundlezz: Zwei sehr sympathische Jungs schienen das zu sein, die mit ihrer Musik ziemlich in den gleichen Gewässern wie VNV Nation fischen und recht gut hörbaren Electro Pop präsentierten. Showtechnisch war das ganze natürlich dementsprechend eintönig.
Novus UK: Wie der Name schon sagt handelte es sich um Briten, die eine recht experimentelle Mischung aus Pop und Rock präsentierten. An sich auch recht cool, wenngleich die Sängerin ein wenig aufgesetzt wirkte in ihrer Performance. Mit ein wenig Erfahrung könnte sich die Truppe aber einen Namen machen.
Zin: Diese waren mir bereits bekannt, hatte ich doch seinerzeit eine Rezi zum Debüt Tourists To This World verfasst. Seitdem hatte ich von den Jungs allerdings nichts mehr gehört. Wie schon damals bestätigten sie auch auf dem Amphi den Eindruck, sich ganz stark musikalisch an Placebo zu orientieren, was beim Publikum wohl gut ankam, denn Zin konnten den New Talents Contest gewinnen und somit am Samstag das eigentliche Festival eröffnen. Aus Fotografen-Perspektive war allerdings sehr schade, dass hier mit übelsten Strobolights und viel Dunkelheit gearbeitet wurde...
Divamee: Mit Lysz, Kim & Co arbeiten wir ja schon eine Weile zusammen, und dementsprechend gefreut habe ich mich auf den Gig - Im Grunde waren Divamee der maßgebliche Grund, warum ich mir die Reise am Freitag nach Köln überhaupt angetan habe. Und so war es natürlich auch schön, die Band nach Ewigkeiten mal wieder selbst live zu erleben. Schade allerdings war ganz besonders hier der miese Sound, der viel kaputt gemacht hat - Und die Songauswahl war in meinen Augen eher ungünstig gewählt. Zu viele testorientierte Stücke statt Ohrwürmern, letztlich war mir schnell klar, dass Divamee das Publikum an diesem Abend nicht vollkommen für sich gewinnen würden.
New Talents
Abgestimmt wurde im Übrigen dadurch, dass nach jeder Band ein paar Amphi-Mitarbeiterinnen durchs Publikum liefen und Spenden einsammelten. Die Band mit dem meisten "Umsatz" (also Zin) gewann, das Geld an sich wurde mit den Einnahmen aus den Auktionen zusammengeworfen und vom Veranstaletr nochmal aufgerundet. Dadurch ergab sich die stattliche Summe von 3000 Euro, welche dem Dunkelziffer e.V. dann auch feierlich überreicht wurde.
Insgesamt war der New Talents Contest auf jeden Fall eine coole Sache, die hoffentlich in Zukunft auch fortgesetzt wird. Klar gab es kleinere Mängel in der Umsetzung, was bei neuen Projekten immer der Fall ist, aber Spaß und eine gute Tat zu kombinieren ist auf jeden Fall immer der richtige Weg.
Mono Inc.
Samstag
Wie bereits erwähnt, bestand das Amphi in diesem Jahr für mich aus viel Rennerei, wobei der Samstag noch etwas ruhiger anging. Opener waren wie bereits erwähnt Zin, welche bei Tageslicht natürlich auch wesentlich besser abzulichten waren, und zudem für gute Stimmung sorgten. Den Gig nahmen Basti und ich aber nur kurz mit, erstmal hieß es ja Orientierung zu finden und Leute zu treffen.
Daher waren es dann auch End of Green, welche für mich den musikalischen Teil am Samstag wirklich eröffneten. Die Jungs rocken einfach, machen gute Show und Gothrock vom Feinsten - Und so präsentierten sie auch an diesem Tag stimmungsgeladene Live-Action der Extraklasse.
Es folgten im Anschluss die Asbury Heights, eine durchaus interessante Electropop-Combo aus Schweden. Das Trio gab sich auch viel Mühe, das Publikum zu begeistern, was wohl lediglich daran ein wenig scheiterte, dass sie hierzulande noch etwas unbekannter sind. Sollte man sich aber auf jeden Fall mal antun.
Welle: Erdball hingegen überraschten viele Fans: Statt - wie sonst auf Festivals - ein Hit-Feuerwerk abzuliefern, brachten Honey und seine Mitstreiter eine Show, die größtenteils aus eher ungewöhnlicheren Stücken zusammengestellt war - Nicht jeder Besucher war darüber glücklich. Der Starfighter war natürlich mit im Set, aber Stücke wie Arbeit adelt oder 23 vermisste man doch ein wenig... Andererseits ist es wohl verständlich, wenn Welle einfach auch mal neue Wege gehen wollen.
Meinem Begleiter zuliebe (er war mal Fan) habe ich mir auch kurz Blutengel angetan. Was soll man sagen? Wieder viele Frauen auf der Bühne, mäßiger Gesang und einfach nicht meine Welt... Punkt.
Am Samstag waren es dann <
auch die Crüxshadows, welche mich als einziger Act ins Stattenhaus lockten. Und gerade hier war es extrem, einfach viel zu voll um den Gig irgendwie ordentlich geniessen und wahrnehmen zu können. Echt schade, war das doch eine der Bands auf die ich mich am meisten gefreut hatte.
Frustriert von diesem Erlebnis wurde der Rest des Abends mit Bier und schlechter Laune beendet. Den Auftritt von And One habe ich mir aus größerer Entfernung noch angeschaut, es ist schon beeindruckend wie Steve die Menge am Wickel hatte. Generell hat die Band mit einer ausgeklügelten Marketing-Kampagne auf dem Amphi wieder bewiesen, warum sie echte Entertainer sind - Tourflyer mit dem Aufdruck "Wollt ihr den totalen Steve" und ein Merch-Stand an dem man "Naghavis Schlampe" nicht nur begutachten, sondern das passende Shirt gleich mit erstehen konnte, dürften wohl jedem in Erinnerung bleiben.
Letzte Instanz
Sonntag
Als wir Sonntag mittag wieder am Gelände ankamen, waren wir überrascht, wieso sich schon so übelst viele Menschen vor der Hauptbühne tummelten, wo doch eher durchschnittliche Electro-Klänge von dort ertönten. Ein Blick auf die Stage lieferte die Antwort: Ext!ze ließen dort zwei halbnackte Mädels performen. Diese konnten zwar eindeutig nicht tanzen, waren aber ganz lecker anzusehen.
Da war Mono Inc. schon ein ganz anderes Kaliber. Warum diese noch immer im Opener-Programm laufen, war wohl nicht nur mir schleierhaft, tatsächlich sorgten die Monos für mehr als nur gute Stimmung und eine tobende Menge. Die Show war ähnlich der auf dem diesjährigen Castle Rock - also inklusive coolen Einlagen wie der Passenger-Akkustikversion und Kathas Drumsolo. Martin zeigte zudem wieder ein Auge für treue Fans und begrüßte erneut viele derselben, unter anderem den sympathischen Veranstalter des Castle Rock, Michael Bohnes. Obwohl ich gar nicht mal der größte Mono Inc.-Fan bin (musikalisch), gehört diese Band für mich so langsam echt zu den ganz Großen der Szene, sie leben einfach für die Bühne.
Ähnlich sehe ich es auch bei Coppelius, die dann im Staatenhaus ihre ganz eigene Party zelebrierten. Basierend nicht zuletzt auf den Geschichten von E.T.A. Hoffmann performten die Herren aus dem 19. Jahrhundert großartig und voller Leidenschaft... Allerdings ging ab hier auch erst recht das "Bühnen-Hopping" bei mir los, weswegen ich bei den meisten Bands nur noch Fotos bekam, aber kaum noch Eindrücke habe.
Mesh zum Beispiel spielten dann zeitglich auf der Hauptbühne - Die paar Songs die ich mitbekam waren wenig beeindruckend, das Publikum liebte sie aber. Samsas Traum widerum haben mich positiv überrascht. Alex Kaschke schien gut drauf zu sein, provozierte zwar gerne mit seinen Ansagen, aber auf eine sympathische Art und Weise. Und die Songs, die ich miterleben durfte, waren ein Querschnitt aus dem bisherigen Schaffen, so z.B. die Klassiker Für immer und Stromausfall im Herzspital.
Zu Combichrist, Frontline Assembly und Asp kann ich hingegen gar nix sagen... Alle kurz gesehen, alle irgendwie cool, aber die Eindrücke waren einfach zu knapp gehalten.
Entschädigt hat mich für das ganez Gewusel dann aber der Endblock im Staatenhaus - Diary Of Dreams, Letzte Instanz und Eisbrecher hintereinander - Also drei meiner Favoriten am Stück. Zwar hatten alle auch schon auf dem Castle Rock gespielt und haben natürlich ihre gewohnten Hitsammlungen gebracht, aber rein von der Stimmung her war das dann doch ein sehr gelungener Ausklang.
Fazit
Insgesamt war das Amphi Festival 2010 natürlich wieder recht cool. An der Orga gibts nichts zu mäkeln, am Line Up eh nicht... Nur eben am akuten Platzmangel, der sich leider auch auf unsere fotografische Arbeit ausgewirkt hat. Manchmal ist weniger eben doch mehr, oder mehr Platz halt wesentlich angenehmer. So oder so, das Amphi bleibt natürlich jedes Jahr ein Pflichttermin für uns Schwarzkutten, und somit freue ich mich trotz kleinerer Widrigkeiten über das vergangene Wochenende und auf das Amphi Festival - The Orkus Open Air im kommenden Jahr.
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