Wir schreiben das Ende des 12. Jahrhunderts. Der legendäre Sultan Saladin steht vor den Toren von Jerusalem, die Entscheidungsschlacht um die heilige Stadt ist entbrannt. Die britische Pilgerin Margret und ihre deutsche Freundin Ida versorgen die erschöpften Kämpfer mit Verpflegung - Und treffen dabei auf den französischstämmigen Gutsherrn Abo des Moulins und seine Enkelin Marjam, sowie den Steinmetz Adam und dessen Lehrling Roques. Als die Sarazenen die Stadt stürmen und Abo beinahe von einem dieser Krieger niedergerungen wird, reagiert Marjam geistesgegenwärtig: Mit dem Bogen eines gefallenen Sarazenen schiesst sie den Kämpfer nieder und rettet so ihren Großvater vor dem sicheren Tod.
Da Abo ein alter Freund des Sultans ist, und dieser sich zudem beeindruckt zeigt von der Tapferkeit des 12-jährigen Mädchens, dürfen sie und ihre Freunde die Stadt verlassen, statt in Gefangenschaft zu geraten. Doch die vermeintliche Freiheit hält nicht lange an. Arabische Sklaventreiber überfallen den Flüchtlingstreck, Ida und Margret geraten als Sklavenarbeiter in ein Bergwerk, während ihren Freunden die Flucht gelingt. Die junge Marjam kennt ab sofort nur noch ein Ziel: Eine fabelhafte Bogenschützin zu werden, um die verschleppten Frauen irgendwann befreien zu können...
So beginnt der Romandebüt der Autorin Andrea Rottloff, welche als Archäologin und Sachbuchautorin über all jenes Fachwissen verfügt, die diesen historischen Roman prägen. Die Handlung geht natürlich noch weiter, umfasst Margrets Befreiung aus der Gefangenschaft durch den berühmten Medicus Jonas, die Geschichte um einen Templer namens Victor und gipfelt in der Schlacht um Akko, wo Saladins Truppen sich einer Allianz aus Soldaten des Königs Richard Löwenherz und des französischen Königs gegenüber sieht.
Wie in diesem Genre üblich mischt Die Frau im grünen Mantel historisch belegte Ereignisse und Personen mit fiktiven Charakteren und deren subjektiven Erlebnissen. Nachweislich existiert hat dabei zum Beispiel Margret, während Abo und Marjam der Fantasie der Autorin entsprungen sind.
Vollgepackt mit vielversprechenden Ideen und interessanten Hintergrund-Infos, hätte dieses Buch somit das Potential zu einem fesselnden Erlebnis zu werden. Aber leider merkt man deutlich die Unerfahrenheit der Frau Rottloff in Bezug auf Dramaturgie. So hat Margret schon recht zu Beginn im Fieberzustand einen langen und langatmigen "visionären" Traum, der leider einen Großteil der späteren Ereignisse vorhersehbar macht, und auch später nehmen ihre Wahrträume oftmals den potentiellen Überraschungselementen in der Handlung ihre Kraft. Für den Spannungsbogen wichtige Situationen werden zudem zu oft lapidar abgehandelt - So sterben vermeintliche Hauptcharaktere nebenher und in kurzen Absätzen, Entscheidungen mancher Figuren sind schwer nachvollziehbar und erscheinen auch aus einem neutralen, historisch betrachteten Kontext unlogisch, und dafür wird z.B. der Schluss unnötig in die Länge gezogen.
Dem gegenüber steht natürlich das bereits erwähnte Wissen und der informative Gehalt, den Andrea Rottloff in Die Frau im grünen Mantel vermittelt. Die Darstellung des Lebens im heiligen Land zur Zeit des Mittelalters gelingt ihr wunderbar. So kann man die Atmosphäre in Städten und Heerlagern regelrecht beim Lesen spüren, die Charaktere und ihre Hintergründe wirken größtenteils nachvollziehbar und werden glaubhaft in die Geschichte eingebunden. Man merkt, dass sich die Autorin zum Beispiel stark mit dem Leben mittelalterlicher Pilgerinnen und auch mit der Sozialökonomie der damaligen Zeit befasst hat.
Es bleibt dennoch ein fader Beigeschmack, es scheint als hätte Andrea Rotloff einfach zuviel gewollt, und sich so ein wenig im Schreiben verloren. Ein oder zwei Handlungsstränge weniger, dafür mehr Spannung und ein roter Faden hätten dem Buch sicher gut getan. Und mit ein wenig Übung kann die Autorin ihr durchaus stark vorhandenes schriftstellerisches Potential sicher auch in packendere Gewänder schmücken - Die Frau im grünen Mantel jedoch ist dramaturgisch leider noch zu schwach. Lediglich Menschen, die sich stark für die Kernthemen (Religionskonflikt im Mittelaletr, Pilgerinnen, die Schlacht um Akko) interessieren, sei dieser Roman als ergänzende literarische Visualisierung derselben empfohlen.
Veröffentlichung: 25.02.2010
Ca 300 Seiten
Gebunden mit Schutzumschlag
Verlag Philipp von Zabern
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