Elegant Form: Progression

Es gibt Musikformationen, die werden immer diesen hauch von Underground haben, und das zurecht. Nicht weil die Musik zu schwach für den Erfolg ist, sondern weil die Musiker dahinter sich einen Dreck um kommerzielle Höhenflüge und stattdessen lieberin Leidenschaft mit ihrer Kunst verschmelzen. Zu diesen Formationen gehören eindeutig auch Elegant Form. Bereits 1991 von Jan Pollok und Torsten Vogler gegründet, hat letzterer sich in den vergangenen Jahren mit May-Fly einen Namen gemacht, während Jan Elegant Form als Soloprojekt weiterführte. Wobei "Solo" hier nur bedingt zutrifft, verleiht doch die bezaubernde Selina schon lange vielen Tracks ihre gefühlvollen Vocals verleiht.

In diesem neuen Gewand starteten Elegant Form vor gut fünf Jahren neue Gehversuche, formten aus dem ursprünglichen Synthipop-Projekt eine härte Industrialgangart und veröffentlichten mehr oder minder in Eigenregie bereits die Alben Endzeit und Infaust. Der dritte Streich folgte zu Beginn dieses Jahres, und mit Progression klingen Elegant Form härter und eingängiger denn je!

"Hart" ist allerdings nur eines der Attribute, die man dem neuesten Werk aufdrücken kann, zumal Jan und Selina sich durchaus auch auf ruhigere Klänge verstehen. So wurde zum Beispiel für Hammerschlag der Song Sex auf Abruf in ein fast minimalistisches Gewand gemixt und der Anti-Kinderschänder-Aufruf Kleines Mädchen klingt musikalisch wie eine hommage an die alten SynthPop-Wurzeln. Generell nehmen Elegant Form auch auf Progression kein Blatt vor den Mund. So verarbeitet Rotenburg die Kannibalenthematik und Samples aus dem entsprechenden Flm in einer Art und Weise, wie man sie sonst fast ausschliesslich von :wumpscut: kennt.
Ähnlich starke Samples schmücken auch den Industrialkracher Paranoia, während das sehr sanfte Bis das Herz ihn ruft wiederum den Wave-Experimenten der 90er ein sanftes Denkmal setzt.

Will man unbedingt Kritik üben wäre vielleicht auch diese extreme Vielfalt an Stilrichtungen und - mitteln der einzige Knackpunkt, es fällt schwer auf Progression einen roten Faden zu finden. Auf der anderen Seite ist es nicht zuletzt diese Abwechslung, die Jans Musik auszeichnet und Elegant Form eben jene leidenschaftliche Farbe verleiht, die eingangs erwähnt wurde. Technisch und musikalisch jedenfalls überflügelt Progression nicht wenige bekannte, von finanzstarken Labels gepushte Genrekollegen.

Veröffentlichung: Anfang 2010