Visual Kei meets Gothic - Was in Europa noch immer eher eine Randerscheinung ist, scheint in Asien bereits zum Kult avanciert zu sein. Schon lange sind die Zeiten natürlich vorbei, in denen Subkulturen sich klar abgegrenzt haben, doch gerade westliche Schwarzkittel beäugen den vornehmlich japanisch geprägten Style des Visual Kei immernoch mit Argwohn, und viele "Otaku" hierzulande haben bestehende Berührungsängste mit der klassischen Gothic-Szene.
So langsam zerbröselt aber auch diese kulturelle Mauer, Veränderungen und Verschmelzungen kann man überall wahrnehmen, wenn man denn mit offenen Augen durch die Clubs zieht. In dieser Zeit könnten die Japaner von Gothika zu Vorreitern einer Entwicklung werden, die vor wenigen Jahren durch Künstler wie Malice Mizer oder Dir En Grey bereits eingeleitet wurde.
Im Gegensatz zu jenen bekannteren J-Rock Combos verbinden Gothika ihre visuelle Lebensphilosophie mit reinen Electro- und Industrial-Komponenten, um so einen Stil zu erzeugen, der starke Überschneidungen mit solchen Stücken aufweist, die man in europäischen Gothic-Schuppen zuhauf hört. Das Duo, welches in Russland und vielen anderen asiatischen Ländern bereits große Erfolge feiert und ständig über den Kontinent tourt, könnte somit auch auf jedem Future-Pop-Festival auftreten, ohne musikalisch unterzugehen... Lediglich die typisch androgyne Visual Kei-Optik würde aus dem Rahmen fallen. Sänger Andro klingt dabei ähnlich wie Christian Purwien (ehemals Second Decay), während die Arrangements z.B. beim sehr einprägsamen Echolalia eher technoid klingen, oder ein Gusano so experimentell daher kommt, wie man es z.B. von Kultbands wie den Metallspürhunden kennt.
Der europäischen Szene sehr entgegenkommend dürften auch die Inhalte von Gothika sein: Military-Look meets Androgynität, und wird in ein fetisch-erotisches Gewand verflochten. Das ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber schaut man sich auf den meisten Festivals um, sieht man wie hoch die Affinität unserer Gothic-Kultur zu diesen Themen ist.
Mit ihrem neuen Album ZeitGeist versuchen Andro und #449, wie sich die beiden Künstler nennen, nun ihre musikalischen Fangarme nach Europa (und besonders in deutsche Länder) auszustrecken. Gespickt mit ein paar interessanten Remixes und einem Haufen wohlklingender Elektronika liefern Gothika damit ein Neugier erweckendes Werk ab, welches rein musikalisch selbst Visual Kei-Skeptikern zusagen dürfte. Ob dies tatsächlich der Beginn eines neuen Trends wird mag man noch nicht absehen, zumindest aber reissen Gothika ein paar musik-kulturelle Berührungsängste in den Abgrund. Und womöglich haben sie den ZeitGeist mit als erste erkannt.
Trackliste
01. Overture
02. Gusano (featuring Selia)
03. Abattoir
04. Precious Earth
05. Papilio
06. Master Sergeant
07. Army March Drawn Sword Police
08. Partisan
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09. Echolalia
10. Titan
11. Adonis
12. Echolalia Remixed by Suicidal Romance
13. Gusano Biohazard Mix by Ira-k Organisation
14. Echolalia Remixed by Neon Synthesis
15. Army March Dawn Sword Police 0075 Mix by Dee Lee from 2 Bullet
16. Adonix (DJ Ram % SD Hard Porn Mix) Remixed by DJ Ram & SD
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Veröffentlichung: 23.10.2009
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