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Soziales Engagement und Weitsicht sind heutzutage ja leider nicht mehr jedermanns Sache. Tatsächlich merkt man bei den meisten Zeitgenossen, daß sie vor allem an eines denken: An sich selbst. Aber es geht auch anders, wie immer wieder mal unter Beweis gestellt wird. So haben sich ein paar Gleichgesinnte zusammengetan, um im Oktober eine vollkommen neue Idee zu erproben: Ein Gothic-Festival welches auf die Themen Tierschutz, Fair Trade und vegane Ernährung aufmerksam machen sollte - das GothFair-Festival.
Unter dem Motto "No Blood, No Tears" traten am 17.10.2009 die Metallspürhunde, Kadaver Acht und Eden weint im Grab in Mannheim auf, zudem gab es eine Lesung des EwiG-Frontmanns und Autors Sascha Blach und im Anschluss eine Aftershowparty mit den DJs Bruno Kramm, Lady Goth und DIN8. Ein tolles Rahmenprogamm, ein lobenswerter Hintergrund und ambitionierte Organisatoren versprachen also einen gelungenen Abend.
Mich selbst hat es übrigens neben der journalistischen Komponente ebenfalls aus "sozialen" Gründen dorthin verschlagen. Die Veranstalter hatten beim Gothic Aid e.V. bezüglich eines Infostandes angefragt, und als Vorstandsmitglied war es für mich eine Selbstverständlichkeit, diesen dort durchzuführen. Mannheim liegt zwar für mich nicht gerade um die Ecke, aber 350 km sind auch keine Weltreise, und für so viele gute Zwecke war es mir das definitiv wert. Und um eines gleich vorweg zu nehmen: Ich bereue diese Reise in keinster Weise!
Eden weint im Grab
Aber kommen wir nochmal zurück zum Kernthema des GothFair-Festivals. Bis heute gelten Vegetarier und Veganer leider immer noch bei vielen Menschen als abnorme Öko-Spinner, Fleischkonsum und auch anderweitige Ausbeutung der Natur gelten weitestgehend als selbstverständlich. Auf der anderen Seite gibt es aber eben auch eine wachsende Bewegung von Menschen, welche sich diesem Klischee entgegen stellen und Vorführen, daß z.B. fleischlose Ernährung nicht nur machbar ist, sondern (richtig umgesetzt) gesund und schmackhaft sein kann. Ein gutes vegetarisches oder auch veganes Gericht hat schon manchem überzeugten Carnivoren eine angenehme Gaumenfreude bereitet, und in vielen Speiselokalen gibt es heutzutage fleischfreie Menüs - etwas was vor gut einem Jahrzehnt noch eher die Ausnahme war.
Vorurteile abzubauen und sowohl Szenemenschen als auch interessierte "Normalbürger" einfach mal auf diese alternative Lebensweise aufmerksam machen, das ist eine der Intentionen der GothFair-Initiatoren. Vielleicht auch wachzurütteln... Aber das alles in einem unaufdringlichen Rahmen, der unterhalten und inspirieren soll zugleich.
Unter diesem Aspekt war auch nur eines wirklich schade bei diesem Festival... Das viel zu geringe Publikum. Tatsächlich hat nur eine Handvoll zahlender Gäste den Weg zum GothFair in Mannheim gefunden, was einen kleinen Schatten auf die ansonsten gelungene Veranstaltung geworfen hat. Um so erfreulicher ist es da natürlich, bekannt geben zu können, daß trotz dieser widrigen Umstände eine Fortsetzung für 2010 in Planung ist.
Die Anreise und auch das Auffinden des Club 7er erwies sich als relativ entspannt... Meinem Tom Tom sei Dank. Allerdings hatte ich zwischendurch Sorge in einem "Nichts geht mehr"-Stau zu landen... denn für meine Autobahn wurde ständig vor genau solch einem gewarnt, allerdings erst bei Ludwigshafen, kurz hinter meiner Abfahrt also. Ohne größere Probleme kam ich also sehr zeitig an, und wurde auch gleich von netten und hilfsbereiten Menschen in Empfang genommen. In dem relativ kleinen Club einen Platz für den Stand zu finden erwies sich allerdings als gar nicht so einfach, letztlich packte ich meine Gothic Aid-Infos neben die Merchandise-Ständen der Bands.
An dieser Stelle geht auch ein Gruß und Dank an die Jungs von Kadaver Acht, welche mich während einer meiner "Standwachen" mit einem leckeren Bierchen versorgt haben, sehr sympathische Jungs sind das. Ein weiteres Dankeschön an Sascha Blach für seine großzügige Sachspende an den Gothic Aid e.V.. Ein äußerst lesenswertes Mail-Interview mit dem EwiG-Mastermind habe ich dann ja kurze Zeit später ebenfalls geführt.
Eben jener Sascha Blach war es dann auch, der den kulturellen Teil des Abends eröffnete - jedoch zunächst nicht musikalisch, sondern durch eine Lesung. Hier gab der Autor Textauszüge aus seinem jüngst erschienenen Band Trümmerpfad zur Transzendenz zum Besten. Mit seiner intensiven, stellenweise auch sehr morbiden Metaphorik schaffte es Sascha ohne weiteres, das Publikum in den Bann zu ziehen. Besonders passend zum Thema des Abends war dabei die Geschichte eines Müllers, welcher die Knochen seiner Dorfmitbewohner zu Mehl verarbeitete, um daraus ein besonders köstliches Brot zu backen. Geschickt wurde der Irrsinn im Verzehr lebender Wesen und das Wegschauen der Brotkonsumenten zu Wort gebracht, und somit eine Allegorie auf das reflektionslose Konsumverhalten des Menschen als solchen aufgestellt.
Die zweite Geschichte drehte sich um einen "lebendig" begrabenen Menschen welcher sich selbst im Grabe verspeist, um das größte Kunstwerk aller Zeiten zu schaffen: Die totale Selbstvernichtung. Allerdings habe ich mir nur die Stelle mit dem Geschlechtsteil gemerkt... ;)
Erster muskalischer Act des Abends waren Kadaver Acht - absichtlich, wie sie mir im Vorfeld gesteckt hatten. Bei ihren letzten Gigs hatten die Jungs nämlich immer die Headliner-Position, und an diesem Abend in Mannheim wollten sie einfach mal früher von der Bühne sein, um noch ordentlich feiern zu können. Fans der Münchner Truppe dürften allerdings zurecht irritiert reagieren, wenn ich von "Jungs" schreibe. Sängerin Maria Mortifera konnte aus mir unbekannten Gründen den Gig leider nicht wahrnehmen, weswegen Dr. Dioxin und Mr. Gamp als Duo auftraten.
Aber auch zu zweit schafften es Kadaver Acht, mit ihrem packenden Industrial ordentlich für Stimmung zu Sorgen. Das Publikum war zwar erwähntermaßen relativ klein, aber um so feierwütiger. Bei Krachern wie Amok oder Nachtwache wurde das Tanzbein geschwungen, und auch wenn der Wegfall von Maria etwas schmerzte, die Männer haben beeindruckend gezeigt, daß sie zurecht auch oft den Hauptact geben.
Homepage: www.kadaveracht.com
MySpace: www.myspace.com/kadaveracht
Einen musikalischen Kontrast hierzu boten natürlich Eden weint im Grab. Die Band um Sascha (aka Alexander Paul Blake), war ja bis dato vor allem für ihren düsteren Metal bekannt. Auf dem GothFair galt es zudem das neue Album Der Herbst des Einsamen vorzustellen, welches mit seiner Vertonung der Lyrik Georg Trakls und seinem eher sphärischen und untermalendem Sound wiederum in starkem Kontrast zum bisherigen EwiG-Sound steht.
Gerade diese anscheinend wiedersprüchlichen Musikkonzepte live miteinander zu verweben war ein schwieriges Unterfangen, welches Alexander und seine Mannen aber gekonnt gemeistert haben. In fließenden Übergängen wurden harte Metal-Rocksongs mit den Trakl-Dekompositionen abgewechselt, wodurch sich ein ungewöhnlich stimmiges Gesamtbild ergab. Mit Songs wie Unter dem Eis, An die Nacht und Des Träumers Melancholie absolvierten Eden weint im Grab so einen athmosphärisch dichten, mitreißenden Auftritt.
Homepage: www.edenweintimgrab.de
MySpace: www.myspace.com/edenweintimgrab
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Kadaver Acht
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Den Headliner an diesem Abend stellten dann aber die Schweizer Kult-Combo Metallspürhunde. Ich selbst durfte das Quartett ja schon viele Male live erleben, und wusste dementsprechend daß mich ein Gig der Extraklasse erwarten dürfte. Und ich wurde nicht enttäuscht, auch auf dem GothFair Festival rockten, sprangen und performten die Hunde bis der Schweiß bei Musikern und Publikum gleichermaßen aus den Poren quoll. Gespielt wurden unter anderem die Klassiker Amokherz, Blut & Spiele und Obszöne Neue Welt, wieder einmal trat Marion für den Die Sterne-Coversong Was hat dich bloß so ruiniert ans Mikro, und als Abschluss gab es die mitreißende Grauzone-Hymne Der Weg zu zweit... allerdings mit einer kleinen Verzögerung, da Keyboarder Thomas spontan mal von der Bühne aufs Stille Örtchen huschte.
Ausflüge von Frontmann Michel, pointierte Ansagen und eine Energiegeladene Performance rundeten das audiovisuelle Erlebnis ab, die Metallspürhunde gaben auch vor einem nochmals etwas geschrumpften Publikum Gas bis zum Exzess.
Homepage: www.mshunde.ch
MySpace: www.myspace.com/edenweintimgrab
Metallspürhunde
Und so ging auch dieser Abend schließlich zur Neige. Die anschließende Aftershowparty mit den oben genannten DJs sparte ich mir, einfach weil mein Heimweg von 4 Stunden und die Müdigkeit mir keine all zu große Wahl ließen. Für mich war es ein wertvoller und rundum gelungener Abend, der zum Feiern und Nachdenken gleichermaßen Anlass bot, mir viele nette Bekanntschaften bescherte, und somit seinen Zweck vollkommen erfüllte. Zuletzt taten mir die ob der Besucherzahlen frustrierten Veranstalter zwar leid (zahlten sie die Kosten des Abends doch aus privater Tasche), um so erfreulicher war es eben als ich jetzt von der geplanten Fortsetzung las. Und ich gehe davon aus, daß die 2010er Auflage des GothFair Festival richtig reinhauen wird!
Mehr Infos unter:
Bildergalerien:
GothFair (1)
GothFair (2)
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